Gebirgskrieg 1915-1918

Begonnen von md11, Di, 23. Mai 2006, 20:55

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

md11

Am Beispiel dieses Detachements last sich besonders gut darstellen,worin die Aufgabe der Spazialeinheiten der Gebirgsfront lal.Am 11.Mai 1916 wurde die Hochalpine Detachement Enrich zusammengestellt,50 Mann,ausschließlich Freiwillige,  die sich in übergroßer Zahl meldeten, bildeten das Detachement. Kommandant wurde Oberleutnant Alfred Enrich, der Bezwinger des Forts Valmorbia; sein Stellvertreter war Leutnant Hofherr. Das Detachement bestand somit aus nur 50 Mann und zwei Offizieren. Zu betonen ist, daß das Detachement auch aus einer größeren Zahl von Männern hätte gebildet werden können, doch erachtete man insgesamt 52 Mann als ausreichend für die durchzuführenden Spezialeinsätze.

Am 17. Mai stieg das Detachement von Levico gegen die zu erobernde Cima Manderiolo (2049 m) an, die sich hoch über der Valsugana am Nordabfall der Hochfläche der Sieben Gemeinden erhebt. Senkrechte Felswände, viele hundert Meter hoch, sehr schwer zu durchklettern, bilden das Angriffsgelände. In voller Gebirgsausrüstung - zusätzlich pro Mann mit 200 Patronen, Handgranaten und fünf Reserveportionen - stiegen die Männer auf 1555 Meter an und biwakierten hier. Am 19. Mai durchkletterte Enrich mit nur zwei Männern die Wände, um einen Durchstieg zu erkunden. Dies gelang, ohne vom wachsamen Feind bemerkt zu werden. Am Abend des 19. Mai wurde bereits schweres österreichisches Artilleriefeuer gegen den Gipfel der Cima Manderiolo gerichtet. Im dadurch verursachten Steinschlag harrte das Detachement aus, bereit für den Angriff. Um vier Uhr in der Frühe des 20. Mai 1916 setzten sich die kühnen Angreifer in Bewegung.
 
Während des Durchkletterns der Felswände durften sie nicht bemerkt werden, da auch nur ein einzelner Italiener die Männer abschießen hätte können. Auch dieser Teil des Unternehmens gelang. Am Ausstieg aus der Wand gingen die Männer unter Enrich nun zum Angriff vor. In mehreren Staffeln wurde trotz starken gegnerischen Feuers angegriffen. Leutnant Hofherr stürmte die Gipfelkaverne der Cima Manderiolo, während die Gruppe Enrich die Italiener in den Gräben aufrollte. Die italienische Gipfelbesatzung in der Kaverne mit 40 Mann und zwei Offizieren wurde überwältigt. In der Kaverne entdeckte man ein militärisches Beobachtungsarsenal mit optischen Apparaten, Fernrohren und Feldtelephon. Außerdem führten zwei Gänge zu Öffnungen in der Felswand hoch über der Valsugana - die Italiener konnten, gutes Wetter vorausgesetzt, alle österreichischen Bewegungen von hier aus in der Valsugana sehen und weitermelden. Trotz der blitzartig durchgeführten Aktion mussten die Italiener noch in der Lage gewesen sein, ihre eigenen Leute telefonisch zu benachrichtigen, denn nun trommelte schweres italienisches Artillerie-Vergeltungsfeuer auf Enrich und seine Männer. 30 Mann von ihnen besetzten den Gipfel, 10 Mann sicherten den Weg zum Einstieg in die Felswände (den einzigen Rückweg ... ). Gegen Abend wurden die Kaiserschützen von zwei italienischen Bataillonen angegriffen; das Hochalpine Detachement Enrich schlug sich nun zum Einstieg in die Wand zurück und konnte im Schutze dichten Nebels ohne einen einzigen Verlust zur Valsugana abklettern. Eine aufsehenerregende Aktion großer Kühnheit war damit zum Abschluß gekommen. Die italienische Beobachtungsstation auf Cima Manderiolo war zumindest vorübergehend während der ersten wichtigen Tage der Frühjahrsoffensive 1916 außer Kraft gesetzt worden (von der Cima Manderiolo aus hatten die italienischen Artilleriebeobachter u. a. das Feuer gegen Ziele in der Valsugana geleitet).

Eine noch kühnere, ungleich schwierigere Aktion führte das Hochalpine Detachement Enrich in den Tagen ab dem 23. Mai 1916, ebenfalls von der Valsugana ausgehend, durch: Diese Aktion richtete sich gegen den Gebirgskamm des Monte Kempel (2295 m), der Cima Dodici (2336 m) und der Cima Undici (2228 m) sowie benachbarter Berge wie Cima Maora. Von Sella am Armentera-Rücken stieg das Detachement zur Porta di Renzola (1949 m) hoch über der Valsugana an und eroberte als
erstes gegen starke italienische Patrouillen den Monte Kempel. Zug um Zug wurden nachfolgend die Cima Dodici, Undici und Moara genommen. Bereits am 24. Mai waren alle Gipfel im Besitz der Männer des Detachements - eine gigantische Leistung. Das Detachement wurde nach seinem großartigen Erfolg abgezogen; die eroberten Ziele konnten durch Einheiten des Infanterieregimentes Nr. 84 besetzt werden.

Beide Angriffsunternehmungen des Detachements standen in Zusammenhang mit der Sicherung der südlichen Flanke über der Valsugana, um den Offensivtruppen Österreich-Ungarns während der Frühjahrsoffensive 1916 im Talboden der Valsugana den Weg gegen seitliches Flankenfeuer (auch der Artillerie) abzusichern. Beide Aktionen unterstreichen den Wert des Einsatzes kleiner Spezialgruppierungen an einer Gebirgsfront. Den Krieg in der Valsugana müssen wir uns somit auch als Gebirgskrieg, wie eben exemplarisch erläutert, vorstellen. Also keine Rede von gleichsam idyllischem Kampfgelände, am Boden eines südlichen Bergtales.

Gruß
Josef

md11

Die Funktion der Festungswerke sowie deren erfolgreicher Einsatz während des Krieges, besonders bis Mai-Juni 1916, haben wir bereits in vorigen Abschnitten ausführlich dargestellt. Ebenso wurde in vorhergehenden Abschnitten die Entstehung der verschiedenen Frontlinien auf der Hochfläche während aller Kriegsjahre erläutert. Auf diese beiden wichtigen Themenkreise des Kampfes um die Hochfläche wird hier nur noch gelegentlich Bezug genommen. Wir wollen uns nachfolgend in übersichtlicher Form mit den großen Zügen der Kampfhandlungen, gereiht nach Kriegsjahren, beschäftigen.

Halten wir uns die Ausgangssituation im Mai 1915 nochmals kurz vor Augen: Von Riva über Rovereto nach Serrada und in die Valsugana (Barco/Novaledo) lief die erste Frontlinie. Durch die Frühjahrsoffensive 1916 wurde weit nach Süden, am weitesten südlich des Pasubio (zur Cima di Mezzana) vorgestoßen. Die Offensive kam zum Abbruch, es entstand nun die neue Frontlinie über Mori/Marco - Zugna - Pasubio - Monte Cimone (nördlich Arsiero) und weiter nach Asiago. Hier zweigten zwei Hauptfronten nach Norden zum Monte Ortigara ab. Nach siegreicher Beendigung der 12. Isonzo-Schlacht entstand schließlich die letzte Frontlinie von Asiago nach Osten nach San Marino am Brentafluß/Valsugana - Monte Asolone - Monte Grappa und entlang des Ostufers der Piave.

Alle Kampfhandlungen auf den Sieben Gemeinden sind ausschließlich unter dem Aspekt zu sehen, daß die österreichischungarischen Kräfte von der Hochfläche ausgehend das italienische Tiefland erobern wollten; dieses Ziel konnte jedoch nie erreicht werden. Hier erhoffte sich das österreichische ArmeeOberkommando aus berechtigten Gründen, vom statischen Stellungskrieg in den dynamischen Offensivkrieg übergehen zu können - vergeblich. Auf der Hochfläche wurde das Ende des Krieges mit-entschieden (ähnlich wie an der Piave). Die Hochfläche che band ungeheure Mengen an Mann und Material und erbrachte keine erfolgreiche Offensive. Ab Herbst 1917 kann man den Krieg auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden seitens Österreich-Ungarns nur noch als Frage der Zeit bezeichnen, da der Mangel an Ersatzmannschaften und an jeglicher Art von Kriegsmaterial immer drückender wurde. Infolge der begrenzten Ressourcen Österreich-Ungarns wäre nur in den Jahren 1915 bis 1917 eine Entscheidung möglich gewesen. In gewisser Weise kann dabei auch das Jahr 1915 nicht in Betracht gezogen werden, da zum Zeitpunkt der Kriegserklärung Italiens und bis weit
in den Herbst 1915 hinein die Hauptmassen der kaiserlichen Armee im Osten standen. Somit wären nur 1916 und 1917 als Jahre der Entscheidung verblieben. In diesen beiden Jahren konzentrierte sich daher auch das Ringen um die Sieben Gemeinden.

Konkret gesehen umfaßte dieses Frontgebiet den Raum zwischen Rovereto und dem Brentafluß im Osten: Annähernd eine Distanz von 60 Kilometern Luftlinie. Tatsächlich aber betrug die Länge der Front ab Mai-Juni 1916 in diesem Gebirgsgelände mit tief eingeschnittenen Tälern, hoch ansteigenden Bergen, breiten Flächen sowie den westlichen Randfronten am Pasubio und auf der Zugna zwischen 180 und 200 Kilometer Länge. Dabei stieg die Front von Rovereto (192 m) auf weit über 2000 Meter Höhe im Abschnitt Dodici-Monte Ortigara an. So herrschten beispielsweise im Spätfrühjahr an dieser Front teils frühsommerliche bis hochwinterliche Verhältnisse zugleich.

Würde man die Länge jener Front anhand eines Beispiels in tiefen Lagen erläutern, so wäre sie identisch mit einer Hauptkampflinie von Kiefersfelden-Kufstein bis zur Grenze Tirol-Schweiz westlich von Landeck. Doch auch dieses Beispiel hinkt, da auf den Sieben Gemeinden eine Front mit Luftlinie von ca. 60 Kilometern infolge ständigen Auf- und Absteigens der Frontlinie de facto 180 bis 200 Kilometer betrug. Drei Hauptkriterien zeigte jene Front: Kampf mit Hilfe der Festungswerke 1915/16; dann Einsatz großer infanteristischer Massen bis Kriegsende 1918 und dazwischen Gebirgskrieg in hochkarätiger Form.

Gruß
Josef

md11

Im Mai 1915 plante Italien die österreichischen Forts niederzukämpfen und danach erst mit Truppen vorzustoßen. Vom 23. Mai 1915 bis 30. Mai hielten die Forts schwerstem italienischen Beschuß stand, und rund um die Forts kam es zu erbitterten Nahkämpfen, bei denen die Italiener immer geschlagen wurden; die Fortsbesatzungen zeigten größten Heldenmut.

Ende Mai 1915 wehrten Tiroler Standschützen und Landsturm-Männer den italienischen Angriff gegen Cima di Vezzena erfolgreich ab. Anfang Juni 1915 stand fest, daß die Hochfläche durch Italien nicht erobert werden konnte, und daß die Tiroler Verteidigung hielt, obwohl sie vollkommen unterbesetzt war. Ab Mitte August 1915 setzte die erste italienische Offensive ein. Als Ergebnis davon konnten die Italiener zwar in die Valsugana eindringen und sich am Armentera-Rücken u. a. festsetzen. Das Nebenfort auf Cima di Vezzena wurde zerschossen, das Fort Lusern stark in Mitleidenschaft gezogen. Kaiserschützen, Standschützen aus Kufstein und die Freiwilligen Oberösterreichischen Schützen verteidigten die Hochfläche wirkungsvoll, so etwa auch am Coston. Ab Anfang September 1915 stand endgültig fest, daß Italien hier nicht durchbrechen konnte. Cadorna konzentrierte nun seinerseits sein Hauptaugenmerk auf die Front am Isonzo. Während des Winters 1915/16 herrschte auf der Hochfläche der Stellungskrieg, der Kleinkrieg der Patrouillen und Feldwachen. Gleichzeitig bezogen die von Rußland abgezogenen Truppen als wesentliche Verstärkung die Hochfläche, deren Front im Frühjahr 1916 neu erstarkt war. Ende Oktober 1915 startete Cadorna nochmals einen zaghaften Versuch auf den Sieben Gemeinden, wurde aber am Anfang schon abgeschlagen und wich nun vorerst endgültig zum Isonzo aus.

Das Kriegsjahr 1916 sollte nun auf den Sieben Gemeinden die Entscheidung bringen: Vom 15. Mai 1916 bis 16. Juni 1916 rollte die Frühjahrsoffensive mit großem Schwung, stieß über die ganze Hochfläche bis an deren südlichen Rand vor, mußte aber abgebrochen werden. Was waren die Ursachen für diesen Teilerfolg, der die Eroberung des italienischen Tieflandes nicht erbringen konnte? Conrad von Hötzendorf, Chef des Generalstabes, hatte den Vorstoß über die Sieben Gemeinden und gleichzeitig vom Isonzo aus geplant. Damit wären die Hautpmassen des italienischen Heeres sowie die gesamte Gebirgsfront Italiens zwischen Fleimstal und Sexten in die Zange genommen, wären erdrückt worden im Zwei-, ja Dreifrontenkrieg. Conrad von Hötzendorf rechnete infolge von Zusagen dabei mit den notwendigen deutschen Verstärkungen.

Auf sich allein gestellt wäre Österreich-Ungarn zu schwach gewesen. Doch während der Vorbereitung zur Offensive lehnte General von Falkenhayn - wie wir bereits in unserer Übersicht vermerkt haben - die Unterstützung durch deutsche Truppen ab. Falkenhayn verfolgte die Konzeption, daß in Verdun der deutsche Hauptschlag zu führen sei, daß er daher keinen Mann entbehren könne. Falkenhayn setzte sich durch - das tragische Ergebnis von Verdun kennen wir.

Conrad von Hötzendorf mußte schweren Herzens allein marschieren. Daß seine Truppen dennoch fast den Sieg errungen hätten, beweist, daß im Falle der deutschen Unterstützung die Offensive mit dem Eindringen in das italienische Tiefland geendet hätte.

Am 15. Mai 1916 begann die Offensive auf voller Breite zwischen Rovereto und allen Linien auf der Hochfläche. Vier Wochen tobte die Offensive, die man sich als andauernde Kette von Schlachten vorstellen muß. Bis weit nach Süden stießen die Kräfte Conrads vor, ebenso bis weit nach Osten. 220.000 Mann umfaßte die Stärke der österreichisch-ungarischen Kräfte, während die der Italiener 600.000 Mann betrug. 800.000 Soldaten standen hier im Zentrum weltgeschichtlichen Geschehens, das bis heute meistens als Randgebiet des Geschehens im Ersten Weltkrieg gesehen wird; aber allein die Zahl der Mitkämpfer beweist das Gegenteil.

Das Eingreifen Brussilows in Rußland unterband die Heranführung von dort stehenden Kräften Österreich-Ungarns auf die Sieben Gemeinden und erforderte sogar, daß Conrad von Hötzendorf starke Kräfte von den Sieben Gemeinden an die Ostfront abgeben mußte. In den Wäldern südlich von Asiago, am Pasubio und auf der Zugna Torta versiegte der Schwung der Angreifer. Mitte Juni 1916 wurde die Offensive abgebrochen. Kaiserjäger und Kaiserschützen Tirols, Salzburger »Rainer« (IR Nr. 59), Linzer »Hessen« (IR Nr. 14) hatten sich dennoch in die Geschichte eingeschrieben:

Kaiserjäger erobern die Costa d'Agra; bereits am 17. Mai wird die Zugna Torta besetzt. Die Salzburger »Rainer« (IR 59) nehmen den Soglio d'Aspio. Die Linzer »Hessen« stürmen den Coston bei Arsiero. Col Santo, Monte Corno und Monte Testo hoch über der Vallarsa fallen in österreichische Hände. Am 21. Mai 1916 erobern Kaiserjäger den Monte Majo. An der Flanke der Schlachten tobte der Kampf am Monte Zugna mit aller Grausamkeit; hier versuchten Kaiserschützen gegen die südliche Linie der Italiener - die letzte - auf die Cima di Mezzana vorzugehen, doch hielten die Alpini stand. Am 25. Mai 1916 nehmen die Linzer »Hessen« den Monte Cimone ein. In den ersten Junitagen tobt der Kampf um den Monte Cengio, den Monte Sisemol, um Monte Miela und Meletta - bereits weit im Osten und Südosten der Hochfläche. Einer der letzten Berge, den die Österreicher erobern konnten, war der Monte Sisemol.

Doch wie gesagt, nach vier Wochen kam die Offensive zum Stillstand, die Front wurde zurückgenommen, begradigt und entlang günstigerer Linien festgelegt. Doch jetzt reagierte Cadorna sofort; er eröffnete seinerseits eine Gegenoffensive in der zweiten Junihälfte 1916. Diese wurde von den Österreichern im Keim erstickt und brachte den Italienern keinen Meter Bodengewinn. Das Ziel Cadornas war, die Österreicher über die Hochfläche wieder nach Norden zurückzudrängen in jene Positionen, die am Beginn der Offensive besetzt waren. Die Italiener griffen in der Vallarsa, am Monte Spil, Monte Corno und Testo - vergeblich - an, ebenso vergeblich am Pasubio. Vom 6. Juli bis 8. Juli 1916 konzentrierte Cadorna nun 70 Bataillone gegen 36 Bataillone der Österreicher, schritt zum Massenangriff seiner Gegenoffensive, doch brachen seine Angriffe insgesamt zusammen. Damit ging der Krieg auf der Hochfläche im Jahre 1916 in den Stellungskrieg über. Die neugewonnene österreichische Front hielt und konnte auch im Gegenstoß der Italiener standhalten. Doch schwere Angriffe gegen einzelne Ziele sollten noch folgen: Am 18. Juli 1916 wehrten Tiroler Kaiserjäger dreimalige italienische Massenangriffe gegen den Monte Majo und gegen den Coston ab. Nicht gehalten werden konnte dagegen der Monte Cimone, ein militärisch wichtiger Aussichtspunkt gegen die italienischen Aufmarsch- und Bereitstellungsräume.

Bild- Salzburger "Rainer" im inzwischen ausgebauten Sprengtrichter am Monte Cimone

Gruß
Josef

md11

Der Monte Cimone war ein Dorn im Auge der Italiener. Nach dreitägigem Artilleriebeschuß drangen sie am 23. Juli 1916 auf der Cimonespitze ein und besetzen diese. Doch im nächsten Bereich der Spitze harrten die Salzburger »Rainer« in neuntägigem Nahkampf aus und blieben auf der sogenannten Cimoneplatte; konnten allerdings vorerst die Cimonespitze selbst noch nicht zurückerobern. In nächster Nähe der Cimonespitze hielten die Salzburger ihre Stellung und legten dadurch die Möglichkeit zum späteren Anlegen eines österreichischen Minenstollens gegen den Monte Cimone selbst fest.

Am 23. September 1916, auf den Tag genau drei Monate danach, wurde der Cimone gesprengt und zurückerobert. Die Rückeroberung durch die tapferen »Rainer« Salzburgs über den Verbindungsrücken war gescheitert, da hier das Angriffsgelände zu schmal war. Ab dem 29. Juli 1916 begannen dann die Arbeiten am Minenstollen. Voraussetzung für den Erfolg dieser aufsehenerregenden Aktion war, daß die Salzburger - nur zwanzig Meter von den Italienern entfernt in Stellung liegend - diese Position durch drei Monate halten hatten können. Dabei kam es zu wochenlangen, sehr harten Angriffen der Italiener gegen die »Rainer« und um den Eingang zum Minenstollen. Trotzdem gingen die Bohrarbeiten planmäßig voran.

Vom 30. August an wurde der Stollen vorangetrieben; er erreichte eine Länge von 28 Meter und lag mit seiner Sprengkammer schließlich genau elfeinhalb Meter unter der italienischen Gipfelstellung. 40 Sappeure nebst Helfern errichteten den Stollen, dessen drei Minenkammern mit 4500 Kilogramm Dynamit, 8700 Kilogramm Dynamon, 1000 Kilogramm Schwarzpulver und Sprenggelatine geladen wurden. Am 23. September 1916 wurde die Sprengung um 5 Uhr 45 ausgelöst; die Salzburger »Rainer« stürmten unmittelbar danach im Handstreich den Monte Cinione und eroberten diesen so bedeutenden Punkt zurück. Nur fünfzehn Offiziere und 477 Mann der Italiener überlebten und wurden gefangengenommen, zahlreiche Italiener starben. Der Sprengtrichter wies eine Tiefe von 22 Meter und einen Durchmesser von 50 Meter auf. Nach der Sprengung versuchten die Salzburger während des einsetzenden italienischen Artilleriebeschusses die verschütteten, um Hilfe schreienden Italiener zu bergen (unter eigener Lebensgefahr). Die österreichische Seite schlug den Italienern zu diesem Zweck einen Waffenstillstand vor, der aber abgelehnt wurde (die Italiener fürchteten eine Kriegslist). Trotzdem setzten die Salzburger ihre Rettungsversuche fort und konnten bis zum 30. September 1916 noch 35 verschüttete Italiener lebend bergen. Damit haben sich die Salzburger »Rainer« ein Zeugnis der Menschlichkeit ausgestellt, das als wohl einmalig zu bezeichnen ist. Auch im Grauen des Krieges blieben diese Männer anständig und setzten weit über das übliche Maß ihr Leben ein, um den »Feind« aus Todesgefahr zu bergen.

Die Wiedereroberung des Monte Cimone war zwar schon eine denkbar kühne Aktion gewesen, doch ungleich schwieriger war das nachfolgende Halten des Berges. Durch Wochen beschoß schwere italienische Artillerie die Gipfelbesatzung mit mörderischem Vergeltungsfeuer, das übergroße Verluste forderte. Im Toben des italienischen Artilleriefeuers konnte das Ausbauen der Cimone-Stellung außerdem nur langsam vor sich gehen, so daß erst Wochen nach der Eroberung des Gipfels erträgliche, einigermaßen beschußsichere Unterstände am Gipfel geschaffen werden konnten. Im Herbst 1916 sowie im sehr schneereichen Winter 1916/17 ging dann die Kriegstätigkeit auf den Sieben Gemeinden in den ewigen, zermürbenden Stellungskrieg über, um im Juni 1917 zu neuem Furioso zu erwachen.

Im Juni 1917 kam es zur italienischen Großoffensive im Raum Asiago. Hier hatte die italienische Heeresleitung am 10. Juni 1917 165 Bataillone zum Angriff bereitgestellt. Davon sollten 29 Bataillone gegen die Valsugana, 112 Bataillone über den nördlichen Abschnitt der Sieben Gemeinden und 24 Bataillone im Raum Asiago durchbrechen. Ein Hauptzielpunkt der italienischen Kräfte bildete dabei der Abschnitt rund um den Monte Ortigara. Italienischer Frontpfeiler nächst der Ortigara war die Cima Maora, von der aus die Italiener ihre Verbindung zur eigenen Front in der Valsugana herstellten. Westlich der Cima Maora lag in ca. einem Kilometer Entfernung der Tiroler Frontpfeiler, der Monte Ortigara (auch als die Ortigara, 2106 m, bezeichnet). Nachteilig auf Ortigara war unter anderem, daß die Italiener von Cima Moara in überhöhter Position alles cinschen, beschießen und angreifen konnten. 112 Bataillone setzte die italienische Heeresleitung allein im Abschnitt Ortigara-Kcmpel an, denen insgesamt knapp über 40 Bataillone auf Seite Österreich-Ungarns hier gegenüberstanden. An Geschützen verfügten die Italiener hier über 1500 an der Zahl, die Österreicher dagegen nur über 400 Geschütze.

Gruß
Josef

md11

#14
Vom 9. bis 29. Juni 1917 tobte die Schlacht im Abschnitt des Monte Ortigara mit großer Heftigkeit, eine Schlacht, in der die Kaiserschützen Tirols im letzten Augenblick das Blatt zu ihren eigenen Gunsten wenden konnten und sich unsterblichen Ruhm erwarben. Bereits am 10. Juni 1917 konnten die Angreifer am ivlonte Ortigara eindringen. Sie eroberten die Nordkuppe des Berges, konnten aber die Besatzung am Hauptgipfel, die Männer des Feldjägerbataillones Nr. 7 nicht vertreiben. Bei diesem Erfolg beließen es die Italiener vorläufig, während sie an den anderen Stellen ihrer Offensive nicht weiterkamen. Ab dem 15. Juni 1917 schritten die Österreicher nun zum Gegenstoß. Hauptziel war verständlicherweise die Ortigara, um die Italiener hier vertreiben zu können. Am 15. Juni kam es zum ersten großen Schlachttag um die Ortigara, der beiden Seiten keinen Erfolg brachte, aber 6000 Österreichern an einem einzigen Tag das Leben kostete. Am 18. und 19. Juni griffen die Italiener ihre Offensive wieder auf. Am 18. Juni eröffneten die Angreifer gegen den Monte Ortigara ein zehnstündiges Vernichtungsfeuer der Artillerie, das nahezu alle Verteidigungsanlagen und die meisten Verteidiger vernichtete. Um 6 Uhr in der Frühe des 19. Juni 1917 griffen die italienischen Wellen an und errangen am Ortigara den Sieg gegen die eben kurz davor eingerückten Kaiserjäger. Der Verlust der Ortigara, des Eckpfeilers der Tiroler Front über der Valsugana, ließ schlimmste Befürchtungen aufkommen. Nun war seit Kriegsbeginn die Verbindungsfront Tirols von den Sieben Gemeinden zur Valsugana erstmals hart bedrängt worden. Ein italienischer Stoß durch die Valsugana nach Trient und in das Etschtal hätte die gesamte Front auf den Sieben Gemeinden gefährdet. Die Eroberung des Monte Ortigara durch die Italiener bildete die stärkste Krise der Tiroler Front auf der Hochfläche während aller vier Kriegsjahre.

Am 25. Juni 1917 greifen zwei Bataillone des I. und II. Kaiserschützenregimentes den Monte Ortigara an, arbeiten sich Meter um Meter gegen die haushoch überlegenen italienischen Positionen heran, geben in 24stündigem Gefecht nicht auf, erobern im Nahkampf den Gipfel zurück und retten so buchstäblich die Front zwischen Valsugana und Hochfläche. Gegen eine unvorstellbar große Überlegenheit auf Seite der italienischen Ortigara-Verteidiger errangen die wenigen Kaiserschützen den Sieg. Insgesamt verloren die Italiener im Juni 1917 während aller Ortigara-Kämpfe 9000 Tote, 25.000 Verwundete und 3000 Gefangene. So endete die italienische Offensive im Juni 1917 mit einem grandiosen Mißerfolg. Zusätzlich brachte sie dem italienischen Heer Gesamtverluste von 23.000 Soldaten! Demgegenüber umfaßten die österreichischen Verluste 8828 Soldaten.

In der Zeitschrift »Der Schlern« (Bozen, Jg. 1980) finden sich zwei wichtige Abhandlungen über die Ortigara-Kämpfe. In einem fundierten Grundsatzbeitrag beschäftigt sich Dr. Ludwig Walter Regele (Bozen) mit der Funktion des Monte Ortigara als Angelpunkt jener Front und bietet eine übersichtliche Darstellung des Kampfes um die Ortigara. Der sich daran anschließende Augenzeugenbericht von Prof. Dr. Hermann Francis Mark (New York) schildert in beeindruckender Weise jene Rolle, welche die Soldaten des Bozner Kaiserschützenregimentes Nr. lI bei der Wiedereroberung der Ortigara eingenommen hatten. Eine Fülle von bedeutsamen militärgeschichtlichen Details zeichnen jenen Augenzeugenbericht des Kaiserschützen Prof. Dr. Mark ebenso wie die Abhandlung von Dr. Regele aus.

Das war der Höhepunkt auf den Sieben Gemeinden im Jahre 1917. Ein zweiter Höhepunkt fand sich als Ergebnis der 12. lsonzo-Schlacht, in der österreichisch-ungarische und deutsche Truppen bis zum Ostufer der Piave verstießen, ganz Friaul und Venetien eroberten, den überwiegenden Teil der hier kämpfenden Italiener gefangen nahmen oder zerstreuten. Nun stand fest, daß der zweite -und entscheidende Stoß Österreich-Ungarns von der Hochfläche nach Süden und an das Westufer der Piave erfolgen müsse, um Italien niederzuringen. Das hätte den Sieg gebracht. Bereits am 3. November 1917, nach dem Schock durch die Piave-Offensive Österreich-Ungarns, gab Cadorna zu, daß der Zusammenbruch Italiens unvermeidbar wäre, wenn der Krieg westlich der Piave fortgesetzt werden würde. Am österreichischen Stoß von den Sieben Gemeinden aus nach Süden hing nun das Schicksal des Krieges, aber auch jenes der Donaumonarchie. In diesen Tagen der ersten Novemberwoche 1917 kam es auch zum legendären Aufrollen der italienischen Gebirgsfront vom Fleimstal bis nach Sexten, sowie am 1Carnisch-Julischen Hauptkamm. Binnen weniger Tage wurde die zurückgenommene italienische Gebirgsfront überrollt und besetzt. Damit fand das Kriegsgeschehen an der Hochgebirgsfront östlich der Valsugana endgültig sein Ende. Und nun hing wirklich alles vom Vorstoß der Österreicher über die Sieben Gemeinden ab.

Bild-Stellung am Sattel des Cardinal

Gruß
Josef

md11

#15
Bild 1.-Unterstände auf Zugna Torta

Bild 2.-Offizierskaverne auf Zugna Torta

Bild 3.-Bau einer Kaverne auf Zugna Torta

Bild 4.-Maschinengewehrabteilung auf Zugna Torta

Bild 5.-Der Kampfgraben am Monte Spil,Vallarsa

Gruß
Josef

UHF51

Buchtip:

Luis Trenker, Sperrfort Rocca Alta Der heroische Kampf um das Panzerwerk Verle

Gruß
Uwe

bücherwurm

Ein weiterer Buchtipp:

Anton Graf Bossi-Fedrigotti:Die Kaiserjäger im Ersten Weltkrieg, Neuauflage 2009, 64 SW Abbildungen, Karten, gebunden, 500 S.

Adjutant

#18
mehr dazu steht auf meiner Homepage, wer es kaufen möchte  PN an mich.

Die Kaiserjäger im Ersten Weltkrieg      

Gruß
Wolfgang



" Tradition ist die Flamme hüten und nicht die Asche bewahren "
Grüße aus Wien

md11

Ein Bericht über den Monte Lagazuoi

Der Monte Lagazuoi war während des ersten Weltkrieges Schauplatz verbitterter Kämpfe zwischen italienischen und österreichischen Alpentruppen. Die italienischen Stellungen auf dem großen Felsband unterhalb des Gipfels des Berges, bildeten durch zwei Jahre ein Bollwerk ersten Ranges der Dolomiten-Front. Das Band selbst erhielt den Namen des Abteilungskommandanten, damals Hauptmann Martini.

Die Höhe des Berges war von den Österreichern sehr stark besetzt. Um die Eroberung dieser Stellungen durchzuführen, plante das italienische Oberkommando die Erstellung eines Felstunnels im Inneren des Berge mit Beginn in der Nähe der « Cengia Martini », welches Projekt sodann durchgeführt wurde.

Die Projektierung und Direktion des Unternehmens wurden den gleichen Offizieren übertragen, welche die Arbeiten für die Mine des Castelletto an der Tofana geleitet hatten: die Leutnante Malvezzi und Cadorin.

Die Arbeiten dauerten, mit einigen Unterbrechungen, ungefähr 6 Monate, wobei nicht weniger als 1100 m. des Haupttunnels hergestellt wurden; außerdem noch mehrere Seitentunnels.
Am 19. Juni 1917 wurde die Einlagerung des Explosivstoffes in die Sprengkammer beendet. 33.000 Kg. Gelatine kamen zur Verwendung, und zwar fast die gleiche Menge die bei der Castelletto-Mine verwendet wurde.

Um 23.00 Uhr des 20. Juni 1917 wurde die Mine entzündet. Die Österreicher hatten jedoch einstweilen die Stellung Höhe 2668 verlassen, und zwar wohl auf Grund des Alarms der durch die Bohrarbeiten der Mine hervorgerufen wurde,; und auch durch die Störungen des Nachschubes durch verschiedene Angriffsaktionen.
Die Alpini besetzten den Sprengkrater, doch gelang es ihnen nicht weiter vorzudringen, trotz heroischer Anstrengungen, und zwar durch eine starke Konzentration des Maschinengewehrfeuers.

Die Lagazuoi A. G. hat den Felstunnel in seiner ganzen Länge wieder hergestellt, und ein Drahtseil, welches als Geländer dient, auf der ganzen Strecke angebracht. Der Tunnel ist von oben nach unten zugänglich. Der Eingang des Tunnels ist von der Bergstation der Seilbahn in 10 Minuten auf bequemem Wege erreichbar.

Der Pfad von der « Cengia Martini > bis zur Station von Falzarego ist mit dem üblichen System weiss-rot des italienischen Alpenklubs markiert, mit einem schwarzen « G » in der Mitte.
Die Strecke im Tunnel ist sehr interessant, und zwar wegen der zahlreichen im Fels gesprengten Fenster und durch die Wendung des Tunnels selbst.
Quelle:Italienischer Reiseprospekt von 1979

mfg
Josef