Garnison Erlangen 1868-1918

Begonnen von md11, So, 04. März 2007, 11:28

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Erlangen erhält das 6.Jägerbataillon
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Das ,,Erlanger Tagblatt" meldete am Freitag, den 13. März 1868: ,,Erlangen, 12. März. Heute rückte das seither in Forchheim garnisonirende 6. Jägerbataillon hier ein, nachdem solches an der städtischen Grenze durch den hiesigen Landwehrmajor Hrn. Krafft in herzlichster Weise begrüßt war. Klingenden Spieles, abwechselnd von der Linie und Landwehr executirt, durchzog dasselbe die mit blau-weißen und schwarz-roth-goldenen Fahnen reich geschmückte Hauptstraße bis zum Hauptmarkte, woselbst nach Aufstellung der Truppen der Magistrat und das Collegium der Gemeindebevollmächtigten aus dem Rathause trat und Herr Bürgermeister Dr. Papellier an den Commandanten, Herrn Freiherr [Albert] von Guttenberg, eine kurze, aber herzliche Begrüßungsrede hielt, auf welche ein tausendstimmiger Hochruf auf die Offiziere und Mannschaft folgte.
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Dieser 12. März 1868 stellte für die ca. 12000 Einwohner zählende ,,königliche Universitätsstadt" einen wichtigen Tag dar. Sie wurde neben Würzburg, Bayreuth, Bamberg, Forchheim und Nürnberg nun ebenfalls eine Garnisonstadt im nordbayerischen Raum. Auch der ,,tausendstimmige Hochruf", den die Bevölkerung den einrückenden Jägern - einer Elitetruppe der Infanterie, deren ausgesuchte Scharfschützen (ehemals tatsächlich Jäger von Beruf) zum Gefecht in zerstreuter Ordnung bestimmt waren - entgegengebracht haben soll, war durchaus verständlich. Hatten sich doch der Magistrat, die Gemeindebevollmächtigten und nicht zuletzt auch der Bürgermeister Dr. Papellier schon seit längerem intensiv um die Errichtung einer Garnison bemüht. Die entsprechende Akte im Stadtarchiv mit den Bewerbungsunterlagen geht bis zum 30. Januar 1850 zurück. Damals appellierte das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten an den Stadtmagistrat, sich um ,,Militär" zu bemühen, da dies der ausdrückliche Wunsch der ,,Gesamtbevölkerung" sei.
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Erlangen war schon 1810, als es zum Königreich Bayern kam, als Standort einer Garnison ins Auge gefaßt worden. Denn es wurden Erkundigungen über Militärgebäude in der Stadt angestellt; 1815 bat das Finanzministerium beim Verkauf der ,,Thor- und Wachthäuser" das Kriegsministerium um Rückäußerung, mit der Begründung, daß ,,in Zukunft dortselbst wieder eine Garnison aufgestellt werden könnte. Diese Bemerkung scheint sich darauf zu beziehen, daß Erlangen zuletzt in den Jahren 1798 bis 1806 einzelne Grenadierkompanien zweier königlich preußischer Infanterieregimenter beherbergt hatte. 3 Die Stadt erhielt jedoch keine Garnison, und so wurde 1839 das Kollegium der Gemeinde bevollmächtigten aktiv. Es schrieb dem Magistrat, er möge sich um Militär bemühen, vor allem um Kavallerie: als Reiterkaserne schlug man das dreigeschossige und mit einem großen Garten zur Regnitz hin ausgestattete Altensteinsehe Palais vor, das damals gerade von der Universität zum Verkauf angeboten wurde (und wenig später dem Bau des Bahnhofs weichen mußte). Doch auch daraus wurde nichts, so daß während der unruhigen Jahre 1848/49 zeitweise Militär aus Nürnberg in die Stadt verlegt werden mußte.
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Ein erneuter Vorstoß der Gemeindebevollmächtigten Anfang 1850, vom Magistrat befürwortet und weitergeleitet, führte schließlich 18 Jahre später - ein umfangreicher Schriftwechsel dokumentiert den langwierigen Entscheidungsprozeß - zum Erfolg.
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In öffentlicher Sitzung wurde am 29. 1. 1850 der Beschluß gefaßt, ,,daß der Stadt Erlangen eine ständige Garnison gegeben werde".  Vor allem wirtschaftliche Überlegungen trieben die Gemeindebevollmächtigten zu diesem Antrag an den Stadtmagistrat. So gaben sie nicht den zurückliegenden politischen und wirtschaftlichen Krisenjahren die Schuld daran, daß sich die Verdienste der örtlichen Gewerbetreibenden vermindert hätten, sondern der Eisenbahn und dem Kanal, zwei vom Staat geförderten Projekten. Eine Garnison könne das materielle Wohl der Einwohnerschaft verbessern und den Rückgang der Studentenzahlen ausgleichen helfen. Also: Studenten und Soldaten als Konsumenten städtischer Waren und Dienstleistungen! Am 11. Februar 1868 konnte Dr. Papellier die amtliche Entscheidung bekanntgeben: ,,Seine Majestät der König haben durch allerhöchste Entschließung vom 8. d. Mts. die Verlegung des 6. Jägerbataillons (zu Forchheim) in Garnison nach Erlangen allergnädigst zu verfügen geruht. Ebenso ist unsere Stadt bereits zum Sitz eines Landwehrbataillonskommando's bestimmt.
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Die wirtschaftlich motivierten Wünsche der Erlanger Bevölkerung und ihrer Vertretungskörperschaften waren wohl nur zum kleineren Teil dafür maßgebend gewesen, daß die Stadt endlich eine Garnison erhielt. Mit dem Krieg des Jahres 1866, in dem Bayern zusammen mit den anderen süddeutschen Staaten an der Seite Osterreichs gegen Preußen kämpfte und unterlag, war nämlich deutlich geworden, daß der desolate Zustand der bayerischen Armee beseitigt werden mußte.
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König Ludwig II. berief deshalb den 45jährigen Obersten Sigmund Freiherr von Pranckh, einen Anhänger der militärischen Reformpartei, zum Kriegsminister. Er sollte die Neugestaltung des Heeres in die Wege leiten. Die neue Heeresverfassung mußte jedoch den Landtag passieren, der den Etat zu bewilligen hatte, und hier gab es heftige Auseinandersetzungen. Die Angst vor einer ,,Verpreußung" und die Gefahr des ,,Militarismus" waren die hauptsächlichen Einwände der Gegner einer Heeresreform. Denn die militärpolitischen Wünsche Preußens, die in dem geheimen Schutz- und Trutzbündnis Bayerns mit Preußen im Anschluß an den verlorenen Krieg zum Ausdruck kamen, forcierten die Neugestaltung der bayerischen Armee. Gleichwohl war die Reorganisation nicht ,,eine Übernahme der preußischen Heereseinrichtungen, sondern das Ergebnis einer organischen, seit Jahrzehnten vorgezeichneten Entwicklung unter Einbeziehung der neuen politischen Lage Bayerns nach dem verlorenen Krieg von 1866".
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Am 31. Januar 1868 wurde die neue Wehrverfassung im Gesetzblatt bekanntgegeben.Der Artikel 1 legte fest, daß sich die bewaffnete Macht Bayerns aus einem stehenden Heer, welches aus der aktiven Armee und der Reserve bestehe, und aus der neugebildeten Landwehr zusammensetze. - Im Unterschied zur alten Landwehr, die im Volksmund ,,Bürgerwehr" hieß, weil sie aus den wehrfähigen verheirateten Einwohnern mit Bürgerrecht bestand, und die 1815 an die Stelle der königlichen Nationalgarde III. Klasse getreten war, sollte die neue Landwehr reguläres Militär sein, und nicht bloß innere Ordnungsfunktionen wahrnehmen. Die ,,Landwehr älterer Formation" sollte jedoch ,,in der Eigenschaft einer Bürgerwehr" noch bis zum 1. Januar 1870 fortbestehen. - Der Artikel 3 der neuen Wehrverfassung schrieb die ,,allgemeine Wehrpflicht" vor. Damit entfiel die Möglichkeit der sogenannten ,,Ersatzmannstellung", die den wohlhabenden Bevölkerungsschichten zugute gekommen war. War im bisherigen Wehrsystem nur etwa die Hälfte der Waffenfähigen eingezogen worden, so stieg nun die Zahl der Einberufenen stark an. Neue Garnisonplätze wurden daher nötig.
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Erlangen profitierte jedoch noch mehr vom Artikel 36 des neuen Wehrverfassungsgesetzes, der die Institution des ,,Einjährig Freiwilligen" schuf. Soldaten mit ,,höherer Bildung", damals Absolventen von Gymnasien, königlichen Gewerbs- und Landwirtschaftsschulen sowie Studierende, brauchten nur 1 Jahr in der Armee zu dienen und mußten sich während dieser Zeit aus eigenen Mitteln verpflegen. Die ,,Bestimmungen über die militärischen Dienstverhältnisse der zum einjährigen Freiwilligendienste zugelassenen Wehrpflichtigen" vom 6. Februar 1868 gestanden diesen Soldaten sogar zu, daß sie nach sechs Wochen militärischer Ausbildung ein Privatquartier außerhalb der Kaserne nehmen durften und außer Dienst Zivilkleidung tragen konnten. - Hier lag ein weiterer Grund, warum die Universitätsstadt Erlangen zu einer Garnison kam. Überdies forderte das Wehrgesetz in Artikel 42, daß ,,Einjährige" in Universitätsstädten eine ,,unbeschränkte" Aufnahme in die Armee finden sollten, während in anderen Garnisonstädten nur vier Einjährige pro Kompanie eingestellt wurden.
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So war auch das Interesse der Universität, an der z. B. im Wintersemester 1868 nur ca. 400 Studenten immatrikuliert waren, an einer Garnison bereits früher deutlich geworden. In einem Schreiben vom 31. 1. 1867 hatte etwa der Prorektor Professor Rudolf von Raumer darauf hingewiesen, daß sich auch der Senat der Universität im Zusammenhang mit der bevorstehenden Reorganisation des bayerischen Heeres um eine Garnison in Erlangen bemühe. Dafür, daß diese Regelung der Einjährig Freiwilligen der Erlanger Universität zusätzlich viele Studenten brachte, können u. a. die Aufzeichnungen des Theologiestudenten Friedrich Ostarhild als Beleg dienen. Er leistete 1897/98 als Einjähriger in Erlangen seine Wehrzeit ab: ,,Hier konnten wir bereits im April eintreten und uns zugleich an der Universität einschreiben lassen." Ostarhild hatte seine eigene Uniform, wohnte privat und hörte die Vorlesungen des berühmten Theologen und Universitätshistorikers Theodor Kolde.

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Schon in der amtlichen Bekanntmachung des Bürgermeisters Dr. Papellier vom 11. Februar 1868, ungefähr einen Monat vor dem Einrücken des Militärs, waren alle Hausbesitzer, die Wohnungen an Offiziere vermieten wollten, aufgefordert worden, sich beim Magistrat zu melden. Benötigt würden, so hieß es, ,,ungefähr 5 Familienwohnungen und 30 Wohnungen für unverheiratete Offiziere". Während man die Offiziere in Privathaushalten unterbrachte, quartierte man die Mannschaften in städtischen Gebäuden ein - für den Staat eine sehr kostensparende Angelegenheit, da sie einseitig den kommunalen Haushalt belastete. In einem zwischen den Majoren von Roth und Friedlein als Delegierten des Kriegsministeriums und Dr. Papellier als Vertreter der Stadt am 28. Januar 1868 geschlossenen Vertrag" wurden ,,das Redoutenhaus in der Reitschulgasse" (der Redoutensaal), die ,,Lazareth- und Pfründners-Gebäude in der Liliengasse" (die sog. Lilienkaserne, Loschgestr. 9), der Parterresaal des Gymnasiums sowie vier Parterre-Zimmer des Arrestlokals und zwei Mansardenzimmer im Rathaus den 6er Jägern zur Benutzung überlassen. Ebenso dienten das von der Stadt gekaufte Haus des Tabakfabrikanten Simmerlein (Friedrichstr. 17) und das Glücksche Haus (Friedrichstr. 35) als provisorische Mannschaftsunterkünfte. Ein Schießplatz sollte im Bubenreuther Wald angelegt werden, als Exerzierplatz sollte der dem Staat gehörende ,,Tummelplatz" dienen.

Die dem Militär unentgeltlich zur Verfügung gestellten Gebäude und Privatquartiere verursachten der Stadt im Jahr 1869 Kosten in Höhe von 38 316 Gulden. Bei einer Gesamtbevölkerung von 11546 Einwohnern betrug der Militärpräsenzstand 27 Offiziere und 362 Mannschaften. Doch konnte die Stärke der Garnison im Lauf eines Jahres, etwa bei Manövern, auch zunehmen. So heißt es im Verwaltungsbericht der Stadt für das Jahr 1869 lapidar: ,,In den Monaten August und September 1869 wurden in hiesiger Stadt 33 Offiziere, 784 Soldaten und 199 Pferde einquartiert.

Die Unterbringung der fast ausschließlich aus Rheinpfälzern und Franken bestehenden Elitetruppe auf Kosten der Stadt war von Anfang an nur als eine provisorische, zunächst auf zwei Jahre befristete Lösung gedacht. Bereits am 24. 4. 1868, also anderthalb Monate nach dem Einzug der 6erJäger, wurden im ,,Erlanger Tagblatt" Arbeiten für den Garnisonbau ausgeschrieben: ,,Die Verakkordierung der beim hiesigen Garnisonsbauwesen sich ergebenden Erd-, Maurer-, Schreiner-, [... ] arbeiten" finde in Erlangen am 30. 4. ,,auf dem Wege der schriftlichen Submission im Bureau (Kuttlergasse Nr. 18) des funktionirenden Platz-Genie-Offizieres der königlichen Commandantschaft statt." Die ,,neuen Preistarife" und ,,Akkordbedingnisse" lägen zur Einsicht auf. Wieder anderthalb Monate später wurde jedoch bekannt, daß die Abgeordnetenkammer des Bayerischen Landtags den Etatposten für den geplanten Kasernenbau in Erlangen mit seiner Höhe von 160000 Gulden abgelehnt hatte.

In der Debatte hatte der Erlanger Abgeordnete Professor Dr. von Hofmann vergeblich geäußert, er halte es für unzumutbar, daß die Soldaten weiterhin in provisorischen städtischen Gebäuden untergebracht würden. Und ähnlich hatte auch der Kriegsminister von Pranckh zu bedenken gegeben, daß ,,so, wie jetzt die Garnison in Erlangen untergebracht sei, es auf lange und länger als zwei Jahre nicht wohl bleiben könne. Sei bis dahin der Bau nicht in Angriff genommen, so würde dem Kriegsministerium die Frage vorliegen, ob die Garnison noch in Erlangen belassen werden könne oder nicht. In der Argumentation der Abgeordneten tauchte auch wieder der Zusammenhang zwischen Garnison und Universität auf. Man führte für Erlangen als Standort einer Garnison an, daß auf den Bau eines Militärkrankenhauses verzichtet werden könne, wenn das ,,akademische Krankenhaus", d. h. die Universitätsklinik, eine vertragliche Regelung mit der Militärverwaltung über die gemeinsame Nutzung treffe. Und die Abgeordneten Stenglein und Langguth betonten unter Hinweis auf das neue Wehrgesetz, daß die Garnison in Erlangen schon deswegen wichtig sei, ,,um den einjährigen Freiwilligendienst möglich zu machen" und ,,speziell den protestantischen Theologen Gelegenheit zu geben, in den einjährigen Freiwilligendienst treten zu können". Gerade dieser Hinweis aber auf die Theologen im Militärdienst führte zur Entgegnung des Abgeordneten Kolb, daß Bayern ,,auf die Dauer drei Universitäten nicht erhalten kann [. . . und] daß der exclusiv konfessionelle Charakter von unseren Universitäten weggewischt werden müsse". Das Ergebnis der Debatte war, wie gesagt, dal3 ,,das Postulat von 160000 fl. für den in Rede stehenden Kasernenbau abgelehnt" wurde.

Das Kriegsministerium ersuchte daraufhin die Stadt Erlangen, die für zwei Jahre bereitgestellten Unterkünfte dem Militär für weitere zwei Jahre unentgeltlich zu überlassen - mit dem drohenden Unterton, ansonsten werde man die Garnison wieder abziehen. Das geschah jedoch nicht, denn die Stadt stimmte der weiteren provisorischen Unterbringung der Soldaten auf städtische Kosten am 17. März 1870 zu, und das Jägerbataillon blieb in seinen Erlanger Privatund Kommunalquartieren.

Nach der Kriegserklärung Kaiser Napoleons III. an Preußen trat das Königreich Bayern auf Seiten Preußens in den Krieg gegen Frankreich ein; auf Bitte des Ministerrats gab Ludwig II. den Befehl zur Mobilmachung für die beiden Armeekorps und 16 Bataillone der Landwehr. Das 6. Jäger-Bataillon zog am 22. Juli 1870 in einer Stärke von 14 Offizieren und 384 Mann ins Feld. Von der Erlanger Bevölkerung wurden die Soldaten am Bahnhof verabschiedet, nachdem man sich schon am 20. Juli abends bei einer Versammlung im Holzbergerschen Garten gegenseitig durch patriotische Reden und das Singen von Vaterlands- und Kriegsliedern in der nationalen Begeisterung bestärkt hatte.

Das Jäger-Bataillon nahm an den Schlachten von Weißenburg, Wörth und Sedan sowie an der Belagerung von Paris teil - die Namen von 15 gefallenen Soldaten wurden auf einer Gedenktafel aus Carrara-Marmor in der Neustädter Kirche verewigt.

Sehr eng waren in jenen Tagen die Verbindungen zwischen dem Militär und der Stadt sowie der Universität. Ein neu gegründeter Verein für die Bewirtung durchziehender Truppen und die Pflege verwundeter und kranker Krieger brachte durch Geldsammlungen und ein Wohltätigkeitskonzert 5690 Gulden zusammen, außerdem erhielt er aus Spenden im Landkreis Erlangen nochmals 1700 Gulden. Dafür bewirtete der Verein nicht nur durchziehende oder in den Erlanger Not-Lazaretten liegende Soldaten, sondern gab auch Reiseunterstützungen und Geldbeträge an die Angehörigen von eingezogenen Reservisten und Landwehrmännern aus der Stadt und dem Amtsbezirk Erlangen. An das 6. Jägerbataillon im Feld wurden 20000 Zigarren und 2 Zentner Tabak geschickt. Vom ebenfalls neu gegründeten Frauenverein bekamen die ,,Sechser" 300 Paar Socken, 500 Fußlappen, Hemden, Unterhosen, Tücher, Verbandsmaterial; weitere Sendungen, darunter auch Bettücher, gingen allgemein an das bayerische Heer.

Von den Erlanger Studenten hatten sich viele als Freiwillige gemeldet, und viele nahmen als ,,Felddiakone" des vom Theologie-Professor Dr. Max Plitt am 21. Juli 1870 gegründeten ,,Vereins für Felddiakonie" am Krieg teil. Insgesamt 91 Felddiakone, neben Studenten auch Gymnasiasten und Handwerksgesellen,die im Universitätskrankenhaus einen Verbandskurs mitgemacht hatten, wurden vom Erlanger Verein gruppenweise ausgeschickt. ,,Ein später viel gefeierter Mann, der damalige Professor der Philologie in Basel, Friedrich Nietzsche, [kam] auf die Kunde von der Tätigkeit des Erlanger Vereins hierher [ ... ], um sich mit seinem Freunde, dem Hamburger Maler Mosengel, als Felddiakon ausbilden zu lassen, weil ihm als Schweizer Bürger keine andere Teilnahme am Kriege möglich war.

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Nach knapp einem Jahr, am 5. Juli 1871, kehrte das 6. Jäger-Bataillon in seine Garnison Erlangen zurück. Vom Stadtkommandanten, dem Offizierskorps und den Veteranen wurde das Bataillon vor der Stadt begrüßt und marschierte dann durch das als Triumphpforte gestaltete Nürnberger Tor in die Stadt ,,unter ungeheurem Jubel, von den Fenstern herab und durch die Spalier bildende Schuljugend mit einem förmlichen Blumenregen überschüttet" . Auf dem Schloßplatz empfingen Magistrat und Kollegium der Gemeindebevollmächtigten, der Senat der Universität, die Vertreter der königlichen Behörden sowie der Korporationen und Vereine das Bataillon. Der Kommandant, Oberstleutnant W. Caries, erhielt von einer Ehrenjungfrau einen Lorbeerkranz überreicht. Auf dem Theaterplatz versammelte man sich zu gemeinsamem Gebet. Dann folgte die Verteilung der Ehrengeschenke, an jeden Soldaten vom Oberjäger abwärts ein Gulden, und der Quartierbillete, wobei nur ein Drittel der Familien berücksichtigt werden konnte. ,,Den Schluß der Empfangsfeierlichkeiten bildete ein von Nachmittags 4 Uhr an auf dem Schießhausplatze und den Kellern abgehaltenes Kellerfest, welches sich zu einem wahren Volksfeste gestaltete, dessen Glanzpunkt in der Illumination des Schießhausplatzes, sowie in einem brillanten Feuerwerk bestand." Die nationalistische und wohl auch militaristische Begeisterung dieses ,,Freudentages, wie [Erlangen] wohl nie einen ähnlichen erlebt hat", spiegelt sich noch nahezu dreißig Jahre später in der abschließenden Würdigung durch die Stadt-Chronisten Friedrich Stein und Ludwig Müller: ,,Der feierliche und herzliche Empfang zeigte deutlich, wie innig verwachsen das Jägerbataillon mit der hiesigen Einwohnerschaft war, welche es sich an diesem Tage so recht angelegen sein ließ, dem Bataillon die ausgestandenen Strapazen vergessen zu machen und das Liebliche der Heimat vor Augen zu führen.

Was den geplanten Kasernen-Neubau anbelangte, so hatten sich inzwischen freilich keinerlei Fortschritte gezeigt. Am 31. März 1870 wurde das ,,Budgetpostulat" für die Garnison Erlangen vom Abgeordnetenhaus abermals abgelehnt . Die Verhandlungen mit der Stadt, die zuerst einen Teil der Geismarktes (Theaterplatzes), dann mehrere Grundstücke vor dem Nürnberger Tor oder an der Brucker Straße als Bauplätze für die Kaserne anbot, wurden daraufhin ausgesetzt. Erst Ende Dezember 1871 teilte man dem Stadtmagistrat mit, daß die ,,Kasernenbaufrage höchsten Ortes wieder in Erwägung gezogen" worden sei. Daraufhin suchte die Stadt nach neuen Grundstücken für ein mögliches Kasernengelände und bot endlich dem Kriegsministerium den Platz im Stadtosten vor dem Sieglitzhofer Tor an, der ,,nach bezirksärztlichem und bautechnischem Gutachten [... ] den Vorzug erhalten mußte".

Diese Fläche von 10,93 Tagwerk (wobei ein bayer. Tagwerk 0,34 ha maß) stellte die Stadt dem Staat unentgeltlich zur Verfügung. Am 22. April 1872 telegrafierte der Erlanger Abgeordnete Professor Marquardsen aus München an Bürgermeister Reichold, daß die Kammer ,,soeben den vollen Militäretat einschließlich der Erlanger Kaserne bewilligt" habe, und am 1. Mai traf dann die Nachricht ein, daß das Kriegsministerium den angebotenen Bauplatz angenornmen habe. Auch wenn das Jahr 1872 der Stadt nun ,,die sichere Anwartschaft auf die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches - die Gewißheit der Erlangung einer Garnisonkaserne" gebracht hatte, so dauerte es noch bis zum April 1874, bis die Baupläne für die 128 m lange Hauptkaserne und die Nebengebäude genehmigt waren und man mit dem Bau beginnen konnte.` Am 23. April 1877 konnte endlich das Jägerbataillon seine Kaserne in der ,,Kasernstraße" (am 25. 3. 1895 in ,,Bismarckstraße" umbenannt) beziehen. Bei der Rückgabe-Besichtigung der von den Jägern teilweise neun Jahre lang benutzten städtischen Quartiere wurden vom städtischen Baurat Söldner neben manchem verschwundenen Kachelofen die ruinierten drei Lüster im Redoutensaal beanstandet.

Für die Errichtung der Kaserne und deren Kanalisierung hatte das Ministerium 60000 Gulden genehmigt. Die Kosten, die der Kommune aus dem Bau erwuchsen, waren beträchtlich: Sie wurden 1872 auf insgesamt 26 100 Gulden geschätzt, was ungefähr den damaligen jährlichen Gesamteinnahmen Erlangens an direkten Steuern entsprach. Von den 26 100 Gulden, die ,,mit höchster Genehmigung auf den Lokalmalzaufschlag übernommen" wurden, sollten 4600 für den Grunderwerb, 10000 für die Entwässerung der Straße vom Sieglitzhofer Tor bis zur Kaserne (seit 18. 2. 1915 ,,Hindenburgstraße" genannt), 1500 für die Herstellung der Gasbeleuchtung und 10000 Gulden für den Straßenbau verwendet werden.

Verschafft man sich einen Überblick über die kommunalen Haushalte der folgenden Jahre - über die ,,Rechnungsergebnisse der Communalcassa", wie es im offiziellen Sprachgebrauch damals heißt -, dann wird deutlich, wie die Stadt derartige Großprojekte finanzierte. Das Geld besorgte man sich auf dem Kapitalmarkt, die Zinsbelastungen tauchen im Etat in der Rubrik ,,Schuldentilgung" auf. So wuchs die Schuldzinsenlast der Stadt im Zusammenhang mit dem Kasernenbau von 106 Gulden im Jahr 1872 auf 1804 Gulden im Jahr 1875. Außerdem hatte Erlangen im Zeitraum 1872/75 pro Jahr 2158 Gulden Schuldzinsen zu zahlen, die noch aus der Kreditaufnahme für den Ankauf und Umbau von Häusern zur Unterbringung der Garnison resultierten. Hier war bis Mitte 1877 ein Posten von insgesamt 87 840 Mark aufgelaufen. Für Reparaturen der provisorischen ,,Kasernenlokalitäten", z. B. des Redoutensaales, fielen im Zeitraum 1869-1877 Rechnungen über 51300 Mark an, die Mieten der in Privathäusern untergebrachten Soldaten beliefen sich auf 37880 Mark. Schließlich schlugen sich Aufwendungen der Stadt für ,,ihre Jäger" als ,,besondere Bewilligungen" im Haushalt nieder. Nur ein geringer Erfolg war dem Versuch des Magistrats beschieden, vom Kriegsministerium die Mehrkosten für die Unterbringung der 6er Jäger in den Jahren 1872 bis 1877 ersetzt zu bekommen. Immerhin flossen 1878 40000 Mark in den Stadtsäckel zurück.

Obwohl die Unterbringung der Garnison und der Kasernenbau während der ,,Gründerzeit" die Stadt mit fast 75000 Gulden belasteten, wurde doch auch durch die damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen die Stadtentwicklung gefördert und durch die von städtischen Gewerbetreibenden an die Garnison zu liefernden Waren und Dienstleistungen der wirtschaftliche Aufschwung Erlangens unterstützt.

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Das Kgl. Bayer. 6. Jägerbataillon konnte sich nicht lange an seinem neuen Quartier erfreuen. Bereits am 19. August 1878 mußtc es Erlangen verlassen und nach den Herbstmanövern als I. Bataillon des neu errichteten 17. Bayer. Infanterieregiments in seine neue Garnison, die pfälzische Festung Germersheim, einrücken. An seiner Stelle wurde das III. Bataillon des Kgl. Bayer. S.Infanterieregiments ,,Großherzog von Hessen" aus Bamberg nach Erlangen verlegt. Es blieb hier bis zum Herbst 1890, bis zur Errichtung des 19. Infanterieregiments in Erlangen.

In den achtziger Jahren hatte man in Erlangen öfters vorgeschlagen, die Stadt als Standort für ein gesamtes Regiment ins Auge zu fassen, wahrscheinlich in der Hoffnung auf die periodischen Heeresvermehrungen seit 1874/75. Auch von Seiten des Kriegsministeriums wurde die Zusammenlegung mehrerer Bataillone wegen militärischer und verwaltungsmäßiger Vorteile favorisiert.  Am 8.6. 1890 fand in Erlangen eine Vorbesprechung mit einer Kommission des Kriegsministeriums statt, und die Stadtverwaltung traf daraufhin erste Vorbereitungen ,,wegen Hierherverlegung des 19. Infanterieregiments". Am 5. Juli 1890 trugen Bürgermeister Dr. Schuh und der Vorstand des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigten im Kriegsministerium ihre Wünsche vor. Sie verpflichteten sich vertraglich, einen Bauplatz für das ,,Kasernement" in einer Länge von 374 m und einer Breite von 175 m, also 65450 qm oder ca. 19,5 Tagwerk, zum Preis von 25000 Mark sowie Land für einen Exerzierplatz (1000 x 1500 m, also 1,5 Mill. qm oder 440 Tagwerk) zum Preis von 170000 Mark, ,,beide an der Buckenhofer Straße liegend", zu beschaffen bzw. eventuelle Mehrkosten selbst zu tragen. Wie aus den reichhaltigen Archivbeständen zu diesem Thema hervorgeht, konnten die benötigten großen Flächen häufig nur durch Enteignung von Privatgrundstücken gegen Entschädigung beschafft werden. Das Amtsblatt der Stadt Erlangen vom 14. 8. 1890 verwies dabei auf die Ermächtigung des Innenministeriums, zur ,,Grunderwerbung für Erbauung eines neuen Kasernements und Herstellung eines Exerzierplatzes in Erlangen" ,,Zwangs-Entäußerungsverfahren" durchzuführen. Wegen der geringen Höhe der Entschädigung beschritten allerdings viele Bürger den Rechtsweg und klagten gegen das Kriegsministerium.

Im Spätsommer 1890 begann man mit der Errichtung der ,,Nebengebäulichkeiten" der neuen Kaserne. Bereits am 27. September zog das I. Bataillon des 19. Infanterieregiments unter seinem Chef, Oberst Ludwig Edler von Grauvogel, in Erlangen ein und löste die zur Standortsicherung zurückgebliebene 9. Kompanie des III. Bataillons des 5. Infanterieregiments ab. Nach dem Empfang durch den Stadtmagistrat fand am 17. Dezember in der Altstädter Kirche die Einsegnung der drei neuen Bataillonsfahnen durch Pfarrer Sommer statt, einen Tag später führte der katholische Amtskollege Achtmann im Hof der Jägerkaserne an einem eigens dazu errichteten Altar die gleiche Zeremonie durch.` Das II. Bataillon rückte am 31. März 1891 in Behelfsunterkünfte und das III. Bataillon am 22. August 1893 (aus Eichstätt) in die ersten fertigen Kasernen ein.

Bild-Ein Gebäude der neuen Infanteriekaserne bot jeweils 2 Kompanien Unterkunft

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Beide wurden durch Paraden auf dem Marktplatz und durch Empfänge der Stadt für das Offizierskorps im Redoutensaal willkommen geheißen. Mitte Oktober 1893 bezog das IV. Bataillon die beiden ,,Barackenkasernen" südlich der später angelegten Artilleriestraße. Als Nachfolger von Oberst von Grauvogel war ab 1. Dezember 1891 Oberstleutnant Joseph Bauerschubert zum Regimentskommandanten bestellt worden, am 1. Mai 1894 löste ihn sein bisheriger etatmäßiger Stabsoffizier Oberstleutnant Joseph von Brückner ab.

Am Ende des Jahrhunderts besaß Erlangen zwei große Kasernenkomplexe: die alte ,,Jäger"-Kaserne vor dem Sieglitzhofer Tor an der Bistnarckstraße und die neuen ,,Neunzehner"-Kasernen an der Luitpoldstral3e (heute: Drausnickstraße). Der 1890 angelegte Exerzierplatz war 1893 um 5 ha und 1894 um 66 ha durch Eingemeindung aus dem staatlichen ,,Sebaldiforst" (Forstamt Buckenhof) beträchtlich vergrößert worden. Der vom 6. Jägerbataillon 1872 im Meilwald angelegte Schießplatz, von der Verwaltung des ,,Privativen Altstädter Gemeindevermögens" auf 40 Jahre gepachtet, wurde ohne Vergrößerung weiterbenutzt, ebenso die seit 1886 von der flöhe der Schwabacheinmündung neben das städtische Schwimmbad am Regnitzhauptarm verlegte Militärschwimmschule.

Mit Angehörigen und Dienstboten machten die in Erlangen wohnenden ,,Militärpersonen" bereits 1895 mehr als 10`%, der Bevölkerung aus, die laut Volkszählung im gleichen Jahr 20892 Einwohner zählte. Nach den Ergebnissen der Berufsstatistik vom 14. 6. 1895 war das Militär unter den Erwerbstätigen noch stärker vertreten: Von den insgesamt 11932 Erwerbstätigen gehörten 1952 Personen zum Militär.

Damit aber nicht genug: Seit dem Jahr 1898 bemühte sich die Stadt um eine weitere Garnison. Sie teilte am 27. Juli 1898 dein Vertreter des Kriegsministeriums, Oberst von Thäter, den Plenarbeschluß der geheimen Magistratssitzung vom 6. Juni mit, daß ,,die Errichtung eines Artillerieregiments von der größten wirtschaftlichen Bedeutung für unsere Stadt sei und demgemäß mit allen Mitteln anzustreben sei". Als einmaligen Zuschuß ,,a conto der Lokalmalzaufschlagskasse" bot die Stadt 300000 Mark an." Der Kriegsminister Freiherr von Asch bestätigte in drei vertraulichen Schreiben im Frühjahr 1899, daß eine Änderung der militärischen Formationen der Feldartillerie vorgenommen werde und nahm die 300000 Mark ,,vorbehaltlich der Allerhöchsten Genehmigung" an. In der Abgeordnetenkammer war die Errichtung eines Artillerieregiments in Erlangen bereits vorher gebilligt worden.

Die Stadt wies, nachdem ein positiver Bescheid vorlag, das Gas- und Wasserwerk an, die Versorgung des zu erwartenden Mehrbedarfs - der bisherige Tagesverbrauch des Erlanger Militärs betrug 60 cbm Wasser - sicherzustellen. Außerdem erfolgten die ersten Grundstückskäufe von seiten der Kommune und der Militärverwaltung. Privatbesitzer, wie z. B. die Firma Carl Niclas (die 1. Erlanger Aktienbrauerei), boten Grundstücke für 3 Mark pro Quadratmeter an.42 Am 29. September 1899 erhielt der Stadtmagistrat den definitiven Bescheid, daß ,,Seine Königliche Hoheit, der Prinz-Regent, das Kriegsministerium zur Annahme des von der Stadt Erlangen angebotenen Zuschusses zum Bau eines Artillerie-Casernements Allerhöchst zu ermächtigen geruht haben".

Am 1. Oktober des Jahres 1900 trafen die ersten Kontingente des Kgl. Bayer. 10. Feldartillerieregiments, die III. Abteilung und die 6. Batterie der II. Abteilung des 6. Feldartillerieregiments aus München, mit dem Zug in Erlangen ein. ,,Die Häuser an den Straßen, durch welche die Artillerie zog, waren reich beflaggt; die ankommenden Truppenteile wurden durch das Offizierkorps des 19. Infantrieregiments und Vertreter der Stadt begrüßt. Die Stadt ließ den hierher gekommenen Mannschaften zur Feier des Einzugs Braten und Bier verabreichen; die Unteroffiziere und Wachtmeister erhielten einen Geldbetrag.

Die Bauarbeiten für die Artilleriekaserne auf dem Gelände des Infanterie-Exerzierplatzes an der Luitpoldstraße hatten im Frühjahr 1900 begonnen. An den Gesamtkosten für Gebäude und ,,Einrichtung des Regiments", die auf anderthalb Millionen Mark angewachsen waren, beteiligte sich die Stadt mit dem versprochenen Zuschuß von 300000 Mark. Zugleich finanzierte sie die Gas und Wasserzufuhr und stellte auf Kosten des Militärs, ,,welches die nötigen Grunderwerbungen selbst pflog", die Zufahrtsstraßen her. Für diese Straßen wurden Bezeichnungen aus dem Militärbereich gewählt: So erhielt die Straße bei der Artilleriekaserne den Namen ,,Artilleriestraße". Die beiden Zufahrtswege von der Luitpold- zur Artilleriestraße benannte man nach dem früheren Kriegsminister von Pranckh, dem Schöpfer des neuen bayerischen Wehrgesetzes von 1868, und nach dem General Ludwig Freiherr von und zu der Tann, der im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 das I. bayer. Korps in der Schlacht bei Sedan kommandiert hatte. Bereits 1898 war nach dem bayerischen General Jakob Hartmann, dem Ehreninhaber des 14. Bayer. Infanterieregiments, die am neugebauten Militär-Lazarett46 vorbeiführende ,,Hartmannstraße" benannt worden. Um Grundstücksspekulationen vorzubeugen, hatte der Kriegsminister Freiherr von Asch am 12. 4. 1900 verfügt, daß bei der ,,Abschätzung" die Werterhöhung der Grundstücke außer acht zu bleiben habe, da durch den Straßenbau alle anliegenden Grundstücke einen Wertzuwachs erführen. Im gleichen Schreiben des Kriegsministeriums wurde das Angebot der Stadt, die Artillerie-Kaserne an das städtische Kanalnetz anzuschließen, angenommen.

Am 1. Oktober 1901 befand sich das gesamte Kgl. Bayer. 10. Feldartillerieregiment unter seinem ersten Kommandeur Oberst Adolf Seyring in Erlangen. Damit waren weitere Garnisonsbauten nötig. Das ,,Haferlagerhaus" wurde erweitert, die Militärbäckerei an der Tannstraße und andere Proviantbauten wurden vom Garnisonsbauamt Nürnberg errichtet und am 31. Januar 1903 offiziell übergeben. Einen weiteren Ausbau erfuhr die Artillerie-Garnison in den Jahren 1912/13, wo eine 6. Batterie errichtet wurde, so daß das Regiment 1914 unter seinem Kommandeur Oberstleutnant Ludwig Treutlein-Mördes mit 6 Batterien zu je 6 Geschützen in den Ersten Weltkrieg zog.

Stadtplan von 1896

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Den prägenden Einfluß, den eine Garnison auf eine Stadt ausüben kann, sieht Lewis Mumford in seinem großen Werk über die Stadt vor allem darin, daß ein stehendes Heer eine ,,Schar von Konsumenten" ist, die ,,Massenforderungen stellen"; und er fährt fort: ,,Die Gegenwart dieser Masse mechanisierter und an Gehorsam gewöhnter Menschen mußte alle Bereiche des Lebens berühren.

Zweifellos förderte die Garnisonierung zuerst des 6. Jäger-Bataillons und dann des 19. Infanterie- und des 10. Feldartillerieregiments die Entwicklung des Erlanger Gewerbes und trug damit zum wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt bei. So ist z. B. von der kleinen Brauerei Hartmann (Theaterstr. 8) überliefert, daß sie von 1872 bis 1882 florierte, weil ihr nur für die eigene Gastwirtschaft ,,Mondschein" gebrautes Bier den Soldaten besonders zusagte. Oder es heißt über die Situation der Bauwirtschaft im Verwaltungsbericht der Stadt 1912: ,,Dadurch, daß im zweiten Halbjahr mit den umfangreichen Militärbauten [ ... ] begonnen wurde, waren die Geschäftsverhältnisse im Baugewerbe recht zufriedenstellend. Allerdings ist auch daran zu denken, daß sich zuweilen Bauunternehmen, die an solchen Großprojekten mitarbeiteten, übernahmen. Das Konkursverfahren der Nürnberger Firma Gran & Herzer, die am Erlanger Kasernenbau beteiligt gewesen ist, mag dafür ein Beispiel sein. Auch bei der Entscheidung über die Priorität zwischen Modernisierung des alten Gaswerkes und der Errichtung eines neuen Elektrizitätswerkes dürfte in den Überlegungen der städtischen Gremien der gewaltige und kontinuierliche Energieverbrauch der Erlanger Kasernen (neben den Universitätsinstituten und der Heil- und Pflegeanstalt) zweifellos eine wichtige Rolle gespielt haben.

Der Eisenbahnverkehr profitierte ebenfalls vom stationierten Militär: Von den insgesamt 573 833 verkauften Fahrkarten eines Jahres waren allein 32019 Militärfahrkarten. Gasthäuser der Stadt, deren Namengebung schon auf die Anwesenheit von Militär schließen ließ, erinnern teilweise noch heute daran, daß nicht nur Studenten, Arbeiter und Handwerker, sondern auch durstige Soldaten zum Publikum gehörten. Lokale wie ,,Jägersruh" (Sieglitzhoferstr. 26), ,,Kriegerdenkmal" (Hauptstr. 99), ,,Kriegers Heimkehr" (Ringstr. 17), ,,Eisernes Kreuz" (Neue Str. 11), ,,Tapfrer Bayer" (Nürnberger Str. 47,1/2), ,,Wacht am Rhein" (Neue Str. 17), ,,Deutsche Eiche" (Ringstr. 29), ,,Deutsche Flotte" (Hofmannstr.21), ,,Stadt Sedan" (Sedanstr. 23), ,,Kamerun" (Westl. Stadtmauerstr. 27), ,,Wilhelmshöhe" (Luitpoldstr. 66) oder ,,Feldherrnhalle" (Schuhstr. 5) verweisen in ihrer Namengebung auf den bestimmenden Einfluß des Militärs. Die Gaststätte ,,König Humbert" (Schuhstr. 21) erinnert an das 19. Infanterieregiment, das 1898 König Humbert I. von Italien als Inhaber erhielt, wobei eine Abordnung Erlanger Offiziere in Rom die Ernennung überbrachte.

In diesem Zusammenhang müssen auch die verschiedenen Kriegerdenkmäler betrachtet werden, die in der Stadt im Laufe der Jahrzehnte errichtet wurden. Sie dienten nicht nur der mahnenden Erinnerung an vergangenes Leid, sondern machten zugleich, an öffentlichen Plätzen gut sichtbar aufgestellt, die Präsenz des Soldatischen und siegreich Kämpferischen deutlich und integrierten es in den bürgerlichen Alltag.

Das erste Kriegerdenkmal war eine auf einem hohen Sockel stehende Löwenplastik zur Erinnerung an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71. Von dem Nürnberger Künstler Prof. F. Wanderer entworfen, vom Bildhauer Leistner und dem Erzgießer Prof. Lenz geschaffen, wurde das Denkmal am 12. Oktober 1890 auf dem Altstädter Holzmarkt (dem heutigen Martin-LutherPlatz) feierlich enthüllt. Der 1869 gegründete Erlanger ,,Kampfgenossenverein", der für das Denkmal über 10000 Mark gesammelt hatte, organisierte die Feier. ,,Unter großer Beteiligung des Militärs und der Einwohnerschaft sowie 25 auswärtiger Kriegervereine" s' wurde sie zu einem nachhaltigen Erlebnis: ,,Die Vereine selbst waren im Kreise um das Denkmal plazirt und ihnen schloß sich die Zuschauermenge an, die nach vielen Tausenden zählte, denn wer irgend konnte, hatte es sicherlich nicht unterlassen, sich diesen seltenen und erhebenden Akt anzusehen. Kopf an Kopfstand das Publikum, so daß kein Apfel zur Erde konnte. Das gemeinsam gesungene Lied ,,Die Wacht am Rhein" beschloß im Redoutensaal die Feier.

Am 7. Juli 1912 enthüllte der 1. Bürgermeister Dr. Klippel im Beisein einer Anzahl ehemaliger Angehöriger des Jägerbataillons das ,,Jägerdenkmal" gegenüber der Alten Kaserne in der Sieglitzhoferstraße. Auf einer Wiedersehensfeier der 6er Jäger 1910 geboren, wurde die Idee zur Errichtung eines Denkmals vor allem von Kommerzienrat und Magistratsrat Emil Kränzlein tatkräftig verfolgt;er war am l. Oktober 1869 als Einjährig-Freiwilliger beim 6. Jägerbataillon eingetreten und hatte mit ihm den Feldzug von 1870/71 mitgemacht. Festzüge durch die beflaggte Stadt, ,,Weihereden" über die Entstehungsgeschichte, ein Totengedenken sowie die feierliche Enthüllung des am Vorabend noch ,,von bübischer Hand" beschädigten, doch rasch wieder instandgesetzten Denkmals im Beisein zahlreicher Offiziere der Garnison als Höhepunkt bildeten den Abschluß der zweitägigen Feier in Erlangen. Das Denkmal, nach dem Entwurf des Bildhauers Liebhaber aus München von den Erlanger Bildhauern Mantel Vater und Sohn in unterfränkischem Muschelkalk ausgeführt, stellte in anderthalbfacher Lebensgröße einen 6er Jäger in der Ausrüstung von 1870 dar. Der Soldat mit dem charakteristischen bayerischen Raupenhelm und der (grünen) Jägerhuppe über dem linken Ohr, mit dem kurzen Jägerrock und dem offenen Mantel (der zu allerlei Mutmaßungen Anlaß gab), trägt eine Riesenpatronentasche und das alte Podewilsgewehr. Noch heute, wo die alte Kaserne längst abgerissen ist und an ihrer Stelle die Betonbauten der Universitäts-Fachbereiche Philosophie, Mathematik, Theologie und Jura stehen, erinnert das Denkmal am alten Standort unter den Bäumen im Anlagendreieck der Bismarck- und Hindenburgstraße an Erlangens erste Garnison im 19. Jahrhundert.

Im geselligen Leben der Stadt spielte das Militär seit 1868 selbstverständlich eine große Rolle - der damals allgemein üblichen Hochschätzung des Soldatischen entsprechend. Keine größere Feierlichkeit der Stadt oder Universität und kein Gottesdienst von öffentlicher Bedeutung, zu denen nicht Vertreter der Erlanger Garnison eingeladen gewesen wären. Und natürlich kein Besuch eines bayerischen Regenten, keine Feier zu Kaisers Geburtstag (für Wilhelm 11. seit 27. 1. 1889 in Erlangen üblich), keine Feier zum Jahrestag von Sedan und kein Veteranentreffen, wo nicht das Militär den ihm zukommenden Platz eingenommen hätte. Offiziere der beiden Regimenter saßen zusammen mit Vertretern der Universität in den städtischen Festausschüssen, wie z. B. 1910 anläßlich der Hundert-Jahr-Feier der Zugehörigkeit Erlangens zu Bayern. Die Stadt honorierte diese Aktivitäten für das gesellschaftliche Leben dadurch, daß sie den Offizieren Ehrungen, wie die begehrten Auszeichnungen am Neujahrstag, verlieh. Die Wachablösungen und Standmusiken vor dem Wohnhaus des jeweiligen Kommandeurs des Kgl. Bayer. 19. Infanterieregiments, des ,,Erlanger Hausregiments", waren ein beliebtes Vergnügen. Von Oktober 1903 bis September 1912 war so das Haus Nürnberger Straße Nr. 10, da hier nacheinander die Obersten L. Moser, J. Eichhorn und G. von Heydenaber wohnten, ein geselliger Treffpunkt der Erlanger Einwohnerschaft.

Weil die Stadtmusik den an sie gestellten Anforderungen nicht mehr entsprach und die bestehende Bataillonsmusik alle Aufgaben übernehmen konnte, hatte man schon 1887 der Stadtmusik die städtischen Mittel und damit die Existenz entzogen »51 Die Regimentsmusik veranstaltete Serenaden auf dem Schloßplatz, Zapfenstreiche und Weckrufe, spielte bei der Eröffnung der Bergkirchweih und umrahmte die Sedanfeiern vor dem Kriegerdenkmal auf dem Altstädter Holzmarkt. Beim Ausmarsch der Soldaten zu den Manövern schritt sie mit klingendem Spiel voran durch die Straßen der Stadt zum Güterbahnhof.

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Über den Alltag des militärischen Dienstes der Erlanger Wehrpflichtigen und Berufssoldaten in Stube, Kasernenhof und Gelände ist wenig bekannt und wohl auch über das Gleichförmige allen Soldatentums hinaus wenig mitteilenswert. Erhalten hat sich das ,,Befehlsbuch" der Erlanger Garnison. In ihm finden wir über ein halbes Jahrhundert hinweg Aufzeichnungen über besondere Vorfälle und Begebenheiten, wobei aber die Novemberrevolution und die ,,Rätezeit" nur höchst unvollständig dokumentiert sind, weil ein Unbekannter viele Seiten herausgetrennt hat. In diesem ,,Befehlsbuch" stehen neben den täglichen Parolen, wie z. B. ,,Friedrich" und ,,Friedberg", die häufigen Einladungen der Universität an die Offiziere zu akademischen Feiern, Termine für Militärgottesdienste und Kirchenparaden, Beförderungen und Versetzungen von Soldaten, die täglichen Bahnhofpatrouillen. Es gibt hier auch diskrete Hinweise darauf, welche ,,Frauenspersonen" vorläufig zu meiden seien. So heißt es einmal: ,,Verboten bis auf Weiteres das Betreten der Wohnung Schweikert, Vierzigmannstraße 16 hier (,,Diphtherie"). Festgehalten wurden auch Bagatellen, wie: ,,Bei Stallgebäude 5 in der Art. Kas. wurde ein Ehering gefunden", kurz, die täglichen Ereignisse im Garnisonsleben. Während des Ersten Weltkrieges, 1915, finden sich Eintragungen über die vormilitärische Jugenderziehung in Erlangen durch militärische ,,Abrichter". 150 junge Leute im Alter von 15 bis 22 Jahren, in zwei Jugendkompanien zusammengefaßt, wurden von Unteroffizieren der Garnison auf den Krieg vorbereitet, indem man ihnen den Umgang mit Schußwaffen beibrachte, aber auch, besonders auf Initiative des Stadtschulrates Dr. Hedenus, der dem ,,Wehrkraftverein" vorstand, indem man ihnen ,,staatsbürgerliche Unterweisung" angedeihen ließ. In Erlangen rekrutierten sich die Jugendlichen aus dem eben genannten ,,Wehrkraftverein", aus dem CVJM und dem Turnerbund. Im weiteren Verlauf des Krieges taucht im ,,Befehlsbuch" immer häufiger die Eintragung ,,Ehrenfriedhof" für gefallene Soldaten auf. Die Kränze lieferte die Gärtnerei Ramstein.

Neben dem ,,Befehlsbuch" der Garnison sind es die Verwaltungsberichte der Stadt, die in ihrer Jahresübersicht wichtige Vorfälle auch aus dem Garnisonsbereich festhalten. So erfährt man z. B., daß am 10. Mai 1878 der Premierleutnant Hirsch im Pistolenduell mit einem Jurastudenten, der als Einjähriger im 6. Jägerbataillon diente, fiel, daß am 13. Januar 1879 ein Soldat seine Geliebte, eine ledige Putzmacherin aus Bamberg, und anschließend sich selber umbrachte, und daß sich am 4. März 1879 ein Deserteur im Arrestlokal der Kaserne erhängte. 1882 wird ein Vorfall erwähnt, der die Öffentlichkeit in Aufruhr versetzte: ,,Am 11. Dezember 1882 gebar die Dienstmagd Post auf dem Abort in der hiesigen Kaserne heimlich und ließ ihr in die Grube gefallenes Kind liegen,
ohne Hilfe herbeizurufen. Der Kasernwärter C. Hartig rettete das Kind mit eigener Lebensgefahr, wofür ihm von der städt. Verwaltung ein Ehrengeschenk von 20 Mk. zuerkannt wurde. Außerordentliche Vorkommnisse in der Erlanger Garnison finden sich auch in den Akten des Generalkommandos. So heißt es unter dem Datum des 28. 3. 1912: ,,In der Nacht vom 23.-24. ds zwischen 2 u. 3 wurde eine Zivilperson von einem Infanterie-Unteroffizier [... ] am Bohlenplatz mißhandelt." Gesucht wurden daraufhin alle Unteroffiziere, die ,,an dem betreffenden Abend in der Restauration Feldherrnhalle` anwesend waren und nach 2 Uhr einpassierten".

Stadtverwaltung und Garnisonverwaltung kümmerten sich auch um die sozialen Belange der Soldaten während deren Dienstzeit. Es gab vielfältige Formen der Unterstützung. Die Angehörigen des Ostasiatischen Expeditionskorps, eine Gruppe von ca. 40 Freiwilligen aus dem 19. Infanterieregiment, die am 15. Juli 1900 von Erlangen verabschiedet wurden, weil sie an der Niederwerfung des ,,Boxeraufstandes" in China teilnahmen, wurden ebenso unterstützt  wie Familien, deren Väter bei Manövern zu Schaden gekommen waren. Daneben gab es auch private Stiftungen, etwa die ,,Weihnachtsstiftung" des Johann von Gott Gebhart für Militärwitwen und -waisen, oder andere, die sich um die Veteranen kümmerten. Die Stadtverwaltung besetzte ,,Subalternen- und Unterbeamtenstellen" mit Anwärtern für den Zivildienst, den sogenannten ,,Zwölfendern", bearbeitete Freistellungsanträge und Dienstaussetzungen nach dem Bayerischen Wehrgesetz von 1868 Art. 8, wonach z. B. Studierende bis zum 24. Lebensjahr, Medizinstudenten sogar noch ein Jahr länger, vom Wehrdienst befreit waren, und sorgte für die Unabkömmlichkeitsbescheinigung bei Lehrern, Polizisten und anderen städtischen Beamten." Sozialen Problemen der in Erlangen garnisonierten Soldaten widmeten sich auch Privatvereine, die sich als Unterstützungskomitees verstanden und vor allem in Kriegszeiten große Aktivitäten entfalteten. So wurden z. B. ,,Verbandsgegenstände" hergestellt und verteilt, man betreute Kranke und Invalide und sammelte ,,Liebesgaben" für die Soldaten im Feld.

Die vielfältigen Fürsorgemaßnahmen privater Organisationen und der Kommune fanden auch im Bildungswesen eine Entsprechung. So mußte Direktor Dr. Hedenus dem Kriegsministerium offen darlegen, welche Leistungen die von ihm geleitete ,,Städtische Höhere Bildungsanstalt" (die Marie-ThereseSchule) erbringe, denn an dieser Schule sollten sogenannte Militärfreiplätze für Offizierstöchter geschaffen werden, d. h. eine Befreiung vom damals an den höheren Schulen noch üblichen Schulgeld gewährt werden.

Im Bereich der Universität bildete bis 1898 die medizinische Versorgung der Soldaten im Universitätskrankenhaus eine ständige Verbindung zur Erlanger Garnison. Außerdem wurden z. B. Regimentsärzte manchmal bis zu einem Jahr an die Medizinische Klinik in Erlangen abkommandiert, um sich hier weiterzubilden und Erfahrungen zu sammeln. Am Ende dieser Dienstzeit schrieben sie dann aus der Sicht des Mediziners im Militärdienst wissenschaftliche Berichte über das Leben in der Garnison. So fertigte der Garnisonsarzt Dr. Röhring am 18. 1. 1890 eine ,,Hygienisch-statistische Beschreibung der Garnison Erlangen an, in der er im Einleitungsteil eine detaillierte Ortsbeschreibung der Stadt nebst einer Witterungstabelle erstellte und sich im Hauptteil dann Problemen der Soldaten zuwandte, die vom medizinischen Standpunkt her interessant waren. Der Bericht enthält genaue Angaben über die Portionszettel für die ,,Menage" der Mannschaften und Unteroffiziere sowie über die Art der dabei verwendeten Lebensmittel mit präzisen Mengenangaben. Es finden sich hier Statistiken über typische Krankheiten der Soldaten, über Impfungen und Lazarett- bzw. Revierbelegungen. Die häufigsten Todesursachen, an denen die in Friedenszeiten eingelieferten Soldaten starben, wie ,,Lungen- und Brustfellentzündung", werden beschrieben und analysiert. Aus dem rapiden Anstieg der Lazarett- und Revierbelegungen in der Zeit von 1885 bis 1890 läßt sich schließen, daß das Sanitätswesen in seiner fachlichen Qualität anstieg bzw. daß die medizinische Betreuung der Soldaten ernster genommen wurde.

Im Bereich der Kirche schuf die Militärseelsorge eine ständige Beziehung zwischen Garnison und Stadt, sei es, daß Pfarrer Erlanger Gemeinden als Standortgeistliche Dienst verrichteten, wie noch 1927 der später berühmte Theologe Wolfgang Trillhaas, oder daß die Regimenter zur sonntäglichen ,,Kirchenparade" anzutreten hatten. Daß es dabei nicht immer problemlos zuging und es zuweilen zu Konflikten zwischen Militär und Kirche kam, zeigt z. B. die Beschwerde des Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten beim Erzbischöflichen Ordinariat in Bamberg aus dem Jahr 1907 über das Verhalten des Erlanger Kaplans Kotz. Das Ministerium kritisierte, daß der Kaplan bei ,,Kanzelvorträgen für Militärpersonen auf militärischer Seite durch die Wahl seiner Themen und die Art ihrer Durchführung wiederholt Anstoß erregt" habe. Er predige gegen die Gemeinschaftsschule und gegen die Mischehe, trete für die Trennung von Staat und Kirche ein und beleidige den König wegen einer Frauengeschichte. Das Ministerium fordere daher, daß ,,sich Kaplan Kotz bei seinem Wirken in der Militärseelsorge jeden Versuches politischer Beeinflussung von Militärpersonen enthält und in der Durchführung seiner Predigten stets die Rücksichten beobachtet, die im Interesse der Disziplin und zur Wahrung des religiösen Friedens in der Armee geboten sind". Aus dieser Beschwerde lassen sich die Wertvorstellungen der militärischen Führung erschließen, und es wird deutlich, welche Funktionen die Armee der Kirche zuschrieb: Sie sollte mitwirken bei der Aufrechterhaltung der Disziplin; die Predigten dienten der Bestätigung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse oder, wie man es nannte, der ,,Wahrung des religiösen Friedens". Der Besuch des Gottesdienstes war wichtig; er übe auf die Soldaten, wie es an anderer Stelle hieß, einen günstigen Einfluß aus, ,,nicht nur in religiöser, sondern auch in moralischer und politischer Hinsicht". Zweifellos waren Konflikte, wie der eben geschilderte, Ausnahmefälle; meistens gaben die Beziehungen zwischen beiden Institutionen keinen Anlaß zur Klage. Die erhaltene Korrespondenz zwischen Garnison- und Kirchenverwaltung in Erlangen beschränkt sich auf Fragen wie Lazarettseelsorge, Aufbesserung der Gehälter der Militärseelsorger oder Gestaltung der Kirchenparade.

Bild- Feier der Artilleristen mit Bier und Musik zu Ehren ihrer Schutzpatronin,der Hl.Barbara (1911)

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Für den 27. Juli 1914 war ein Besuch des bayerischen Königs Ludwig III. in Erlangen geplant. Die Regierung von Mittelfranken, die Stadtverwaltung und der Garnisonsälteste hatten den Besuch intensiv vorbereitet. Ein Festkomitee Erlanger Bürger hatte ein Programm ,,für den Allerhöchsten Besuch Seiner Majestät des Königs, Ihrer Majestät der Königin und Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen-Töchter" entworfen, in dem von der Ankunft um 10.30 Uhr bis zur Abreise um 17 Uhr ein genauer Tagesablauf geplant war. Das 19. Infanterieregiment sollte nach diesem Plan mit einer Ehrenkompanie um 10.50 Uhr vor dem Bahnhof eine feierliche Parade veranstalten, bei der Kriegervereine und Schuljugend Spalier bilden sollten.` Doch einen Tag vor dem geplanten Besuch, am 26. Juli, traf aus München ein Telegramm beim 19. Infanterieregiment es, in dem es lapidar hieß: ,,Reise Seiner Majestät unterbleibt. Kriegsministerium. Es dauerte noch vier Tage, dann begann der Erste Weltkrieg.

Am Sonntag, dem 1. August 1914, telegrafierte das Kriegsministerium nach Erlangen, daß die sofortige Mobilmachung der zwei stationierten Regimenter und des Landsturmes zu erfolgen habe. Die Reaktion in Erlangen: ,,Wie eine Flutwelle raste die Meldung durch die Stadt und die Wogen der Begeisterung schlugen hoch, als um 9 Uhr abends die akademische Jugend durch das Nürnberger Tor herein zum Kriegerdenkmal marschierte, begleitet und gefolgt von Tausenden: voraus die Wehrkraftjugend und die Wandervögel, dann hoch und niedrig, Arm in Arm, Männer, die schon in den nächsten Stunden ihrer Einberufung entgegensahen, Frauen und Mädchen, die an Tapferkeit den Männern nicht nachstehen wollten.Die Mobilmachungsarbeiten des Militärs, die am 2. August begannen, werden detailliert in den nach dem Kriege verfaßten Regimentsgeschichten beschrieben. Der spätere Kommandeur des 10. Feldartillerieregiments, Oberstleutnant Georg Kalb, hat den ersten Mobilmachungstag seines Regiments in Erlangen so erlebt: ,,Programmäßig kamen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften Zug um Zug in langen Kolonnen herein in die Kaserne und brachten die Begeisterung und frohe Siegeszuversicht mit. [... ] Vor der Regimentskanzlei drängten sich die Studierenden der Erlanger Universität und bewarben sich um Aufnahme als Kriegsfreiwillige. Oberst Maximilian Drausnick, der in Erlangen sehr populäre Kommandeur des 19. Infanterieregiments, der am 28. 2. 1916 im Wald von Apremont fiel, sah in der allgemeinen Kriegsbegeisterung der Augusttage 1914 seine Aufgabe darin, auch die Bevölkerung der Stadt zu mobilisieren. Folgendes wird darüber berichtet: ,,Am Kriegerdenkmal wurde der Schwur zu Kaiser und Reich erneuert und Oberst Drausnick kennzeichnete trefflich die Stimmung und das Empfinden des deutschen Volkes, als er aussprach, daß der frevelhafteste aller Kriege, den die Weltgeschichte kenne, uns aufgedrungen sei. Mit stolzer Freude erfülle ihn, daß die akademische Jugend von heute noch von denselben Idealen beseelt sei wie die der Befreiungskriege. »Durchhalten« sei die Pflicht aller Deutschen, die den ruchlosen Kampf zu bestehen hätten. Mit gezogenem Säbel wurde dem obersten Kriegsherrn das Gelübde der Treue dargebracht. Am 7. August 1914 war die Mobilmachung abgeschlossen, einen Tag später rückten die beiden Regimenter aus, das 19. Infanterieregiment mit 3 Bataillonen zu je 4 Kompanien sowie einer MG-Kompanie und das 10. Feldartillerieregiment mit 6 Batterien zu je 6 Geschützen .71 Sie nahmen bis zum Ende am Krieg teil.


Die in Erlangen verbliebenen Soldaten der Ersatzbataillone kümmerten sich unter Führung von Oberstleutnant Franz Eberle in der Zwischenzeit um die militärische Jugenderziehung und hatten außerdem die Aufgabe, das im Herbst 1914 errichtete Gefangenenlager östlich der Artilleriekaserne zu bewachen. Dieses Lager von der Größe 300 x 400 m bot Platz für ungefähr 4000 Gefangene. Schon 1915 wurden 1400 Russen und Franzosen eingeliefert und zum Arbeitsdienst eingesetzt. Im Laufe des Jahres 1915 stieg die Zahl der Kriegsgefangenen auf 3600 an, so daß zusätzliche Unterkunftsbaracken gebaut werden mußten. Aus der Garnisonsdienstvorschrift der Ersatzbataillone geht weiterhin hervor, daß die stationierten Soldaten umfangreiche Wach- und Patrouillendienste außerhalb des Kasernenbereichs wahrzunehmen hatten, so - neben den üblichen Straßen-, Wirtshaus-, Bahnhofs- und Exerzierplatzpatrouillen – die Bewachung der Sprengstofflager und Munitionsdepots der Firmen Reiniger, Gebbert & Schall und Progreß in Bruck. Als Mitglied des Kriegsersatzkommandos überwachte Oberstleutnant Eberle das ,,Ersatzgeschäft", d. h. die Aushebung der Truppen für den Kriegseinsatz. Auch die Organisation der Kriegswirtschaft oblag den Erlanger Ersatzbataillonen. Aufgrund des Reichsgesetzes über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. 12. 1916 startete man von seiten des Militärs in Erlangen eine Fragebogenaktion, in der die Brauereien genaue Auskünfte über die Zahl der Beschäftigten, den Energieverbrauch (Holz, Kohle, Torf) sowie über die Zahl der benötigten Pferde geben mußten." Gegen Ende des Krieges, am 1. September 1918, gedachte man sogar die Glocken der Neustädter, der Altstädter und der Französisch-Reformierten Kirche zu enteignen und einzuschmelzen, nicht ohne vorher Gutachten über ihren künstlerischen Wert einzuholen.

Wie verhielten sich die in Erlangen stationierten Soldaten in den letzten beiden Kriegsjahren? Ein als ,,streng vertraulich" deklariertes Schreiben des Standortbefehlshabers vom 28. April 1917 enthält konkrete Anweisungen, wie auf mögliche innere Unruhen in der Erlanger Garnison zu reagieren sei. Es heißt dort: ,,Im Falle grösserer Unruhen findet ein Austausch der Bayreuther Ersatzbataillone gegen die in Erlangen stehenden statt und zwar wechselt als erstes E./L. 6 gegen E./R.J.R. 7, als zweites I. E. / 19 gegen I. E. / 7. J. R., zuletzt II. E. / 19 gegen II. E. /7. J. R. Die Rekrutendepots und Genesungskompagnien sind nicht zu verlegen. [... ] Pferde werden nicht mit abtransportiert. Diese Aktion ,,Hannibal", die der Kriegsmüdigkeit entgegenwirken sollte, mußte jedoch nicht in Gang gesetzt werden. Unruhen gab es unter den Erlanger Soldaten bis in den November 1918 hinein nicht.

Der Waffenstillstand an der Front beendete am 11. November 1918 den Krieg und führte auch die dezimierten Erlanger Regimenter in die Garnison zurück. Ihre Verluste in den Jahren 1914-1918 waren erheblich: Über 3000 Gefallene und nahezu dreimal so viele Verwundete waren die Bilanz.` Am 13. und 14. Dezember 1918 trafen geschlossen das I. und II. Bataillon des 19. Infanterieregiments, vom 17. bis 20. Dezember die einzelnen Abteilungen des 10. Feldartillerieregiments in Erlangen ein. Bereits am 21. Dezember begann in den Abwicklungsstellen die Entlassung der Soldaten ins Zivilleben. Wachpersonal benötigte man noch längere Zeit für das Kriegsgefangenenlager, das Mitte Oktober 1919 noch über 900 Insassen zählte .

In der ,,Novemberrevolution" 1918 wurde die militärische Kommandostruktur der Vorkriegs- und Kriegszeit vorübergehend beseitigt, ein Erlanger ,,Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat" galt als die vorgesetzte Instanz, der sich Offiziere und Soldaten unterzuordnen hatten. Der Fall des Majors Schmauß, der im Gefangenenlager seinen Dienst verrichtete, macht dieses Abhängigkeit recht deutlich. Am 7. Dezember 1918 beschwerten sich die Vorsitzenden des Erlanger Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates, Paul Ritzer und Hans Weigl, beim Stellvertretenden Generalkommando Nürnberg: ,,Major Schmauss des Gefangenenlagers Erlangen weigert sich gemeinsam mit dem Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat Erlangen zusammenzuarbeiten. Er besitzt ferner nicht das Vertrauen der Kameraden und hat sich im höchsten Grade missliebig und unangenehm gemacht. Wir bitten das Kommando III. A. K. Schritte zu unternehmen, Major Schmauss von dieser Stelle zu entheben oder anderweitig zu verwenden und bringen Hauptmann Bechert der 3. Gefangenenkomp. Erlangen in Vorschlag. Hauptmann Bechert erfreut sich allgemeiner Beliebtheit und eignet sich zweifellos für diese Stelle. Major Schmauß wurde prompt entlassen, seine Beschwerde an das neugeschaffene ,,Ministerium für militärische Angelegenheiten" in München blieb wirkungslos.

Bild- Geburtstagsparade für den Prinzregenten in Erlangen im Jahre 1912.Die Fahnenkompanie des K.B. 19.Infanterie-Regiments marschiert auf.

Quelle- Erlangen (Palm&Enke)

Gruß
Josef

md11

#8
Das erste Kriegerdenkmal war eine auf einem hohen Sockel stehende Löwenplastik zur Erinnerung an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71.
Von dem Nürnberger Künstler Prof. F. Wanderer entworfen, vom Bildhauer Leistner und dem Erzgießer Prof. Lenz geschaffen, wurde das Denkmal am 12. Oktober 1890 auf dem Altstädter Holzmarkt (dem heutigen Martin-LutherPlatz) feierlich enthüllt.

Gruß
Josef

md11

#9
Das Jägerdenkmal 1851-1878
Kgl.Bayer.6.Jäger Bataillon

Gruß
Josef