Wolchow - Front 1941-1944

Begonnen von md11, Mo, 28. März 2011, 21:55

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md11

Die Wolchow-Front (russ. Волховский фронт)
Die Front bestand von Dezember 1941 bis Ende Februar 1944 mit einer kurzen Unterbrechung zwischen April und Juni 1942. Im Februar 1944 wurde das Frontkommando endgültig aufgelöst und in die Leningrader Front eingegliedert. Hauptauftrag der Front war die Verteidigung der Stellungen am Wolchow und die Aufhebung der Belagerung Leningrads.

Hallo,
hab hier eine Seite gefunden,ein Tagebuch vom Pionierbataillon 223 im Kessel von Pogostje 1941.
Das Pionier-Bataillon 223 unterstand der 223.Inf.Div.

Tagebuch

mfg
Josef

md11


hier gibt es eine Seite mit viele Fotos dazu:Fotos

Erinnerungen eines Fallschirmjägers bei Tosno 1942:

Erinnerungen

mfg
Josef

md11

Verzeichnis der Divisionen,die an der Front Wolchow - Leningrad eingesetzt waren.
1.Inf.Div.
3.Inf.Div.(mot)
3.Geb.Div.
5.Geb.Div.
11.Inf.Div.
18.Inf.Div.(mot)
20.Inf.Div.(mot)
21.Inf.Div.
23.Inf.Div.
24.Inf.Div.
28.Jäg.Div.
36.Inf.Div.(mot)
58.Inf.Div.
61.Inf.Div.
69.Inf.Div.
81.Inf.Div.
93.Inf.Div.
96.Inf.Div.
121.Inf.Div.
122.Inf.Div.
126.Inf.Div.
132.Inf.Div.
170.Inf.Div.
212.Inf.Div.
215.Inf.Div.
217.Inf.Div.
223.Inf.Div.
225.Inf.Div.
227.Inf.Div.
250.Inf.Div.
254.Inf.Div.
269.Inf.Div.
285.Sich.Div.
290.Inf.Div.
291.Inf.Div.
1.Pz.Div.
8.Pz.Div.
12.Pz.Div.
7.Flieger-Div.
1.Luftw.Feld-Div.
9.Luftw.Feld-Div.
10.Luftw.Feld-Div.
12.Luftw.Feld-Div.
13.Luftw.Feld-Div.
2.Flak-Div.
6.Flak-Div.
4.SS-Polizei-Div.
2.SS-Inf.Brig.
11.SS-Div. Nordland
4.SS-Frw.Brig. Nederland
1.Lett.SS-Div. Nr.15
2.Lett.SS-Div. Nr.19

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1.Karte:Wolchow-Kessel 08.03.1942 (vor Pogostje-Angriff)

2.Karte:Front Sommer 1942-Herbst 1943,Pogostje Kessel

Foto:Das ist der Wolchow,Sumpf und Dschungel

Quelle:Wolchow von Hartwig u.Pohlman

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Ein kurzer Bericht von der 126.Inf.Div. vom 19.08.1943:Ssinjawino-Höhe

Der 19. 8. brachte erneut harte Kämpfe, wesentlich im Abschnitt ,,P 6", wo jetzt das 1./GR 151 eingesetzt war. Das um 4 Uhr be¬ginnende Trommelfeuer setzte durch einen Volltreffer den Btl. Stab außer Gefecht, so daß die Lage für die Führung zunächst undurchsichtig blieb. Mehrere Alarmmeldungen über einen größeren Einbruch bestätigten sich jedoch nicht. (Ortlich eingesickerter Feind wurde im Gegenstoß geworfen. Ein weiterer Angriff um 10 Uhr wurde von 8 Panzern unterstützt, die auf dem Westhang der Ssinjawino-Höhe aufgefahren waren und als bewegliche Batterien mitwirkten. Dabei gelang es der 1./Stu. Gesch. Abt. 912 unter Oblt. Engelmann, 5 Panzer abzuschießen. Zu einer Krise kam es am Nachmittag gegen 16.30 Uhr. Unter Nebelschutz erzwang der Gegner mehrere Einbrüche bei ,,P 6", einen davon von etwa 400 m Tiefe. Erst nach hartem Ringen konnte gegen 20 Uhr die Lage geklärt werden.

In den beiden linken Regi¬mentsabschnitten blieben trotz heftiger Feuertätigkeit des Feindes Infanterieangriffe aus. Die Division zog daraus den Schluß, daß die Kämpfe des Vortages die Kräfte des Gegners verzehrt hatten und eine weitere Pause nötig geworden war. Tatsächlich blieb es am 20. 8. auch ziemlich ruhig. Kleinere, meist zusammenhanglose Vorstöße bei ,,P 6" konnten ohne Schwierigkeiten vom GR 151 abgewiesen werden, dessen Kommandeur in der vorangegangenen Nacht mit beiden Batail¬lonen die Abschnittsführung von Oberst Wulf übernommen hatte. GR 422 wurde in den Raum südlich Mga verlegt, um als erstes Regiment in den neuen Einsatzraum westlich Leningrad abtransportiert zu werden. Auch das ,,Vorausbeförderte Personal" des Divisionsstabes unter Führung des Ib (Hptm. Lindner) setzte sich zum L. AK in Marsch.


Am 21. 8. veränderte sich das Bild kaum: mehrfaches Trommel¬feuer, lebhafte feindliche Fliegertätigkeit und örtliche Angriffe bei ,,P 6" mit kleineren, rasch beseitigten Einbrüchen. Am Abend wurde das I./GR 426 durch das I./GR 162 abgelöst, so daß damit bereits die Hälfte der Infanterie ausgewechselt war. Am 22. 8. setzte der Gegner seine Vorstöße gegen den rechten Flügel weiterhin fort, so daß die Vermutung auftauchte, es müsse sich um einen neuen Verband handeln. Tatsächlich wurde noch am gleichen Tage bei ,,P 6" die neu herangeführte 11. SD festgestellt. Das war die dritte russische Division in einer Woche! Aber auch sie vermochte das Blatt nicht mehr zu wenden. So stand der weiteren Ablösung nichts mehr im Wege. Am Abend des 22. 8. wurden ausgetauscht:
I. und III./424 mit dem II./176,
II:/426 mit dem II/.162.

Am Vormittag des 23. 8. um 10 Uhr übergab Gen. Lt. Hoppe den Befehl im Abschnitt an den Kommandeur der 61. Inf. Div., Generalmajor Krappe. Leider endete für das AR 126 die Schlacht erst zwischen dem 26. 8. und 2. 9. Auch das Pi.Btl. 126 verblieb noch einige Tage bei Mga, wo es zu Minenaufgaben im Abschnitt der 58. Div. eingesetzt wurde.
Quelle:Die 126.Inf.Div.1940-1945 (G.Lohse)

mfg
Josef

md11

Die dritte Ladogaschlacht-Ssinjawino-Kirischi-Pogostje Sommer und Herbst 1943

Als der Sommer 1943 begann hielten die Verbände der 18. Armee aufgefrischt und ergänzt in einer feldmäßig ausgebauten Stellungsfront.

Von Nowgorod bis in Gegend Spaßkaja Polist, also teils am oberen Wolchow, teils an der Rollbahn stand das XXXVIII. Korps mit der l. Lw. Feld Div., der 217. Inf. Div. und der Lettischen Freiwilligen Brigade. Von dort bis 15 km nordostwärts Tschudowo war das I. Korps mit der 13. Lw. Feld Div. und der 227. Inf. Div. eingesetzt. Hieran schloß sich das wesentlich stärkere XXVIII. Korps mit der 96. Inf. Div. beiderseits der Tigoda, der 61. Inf. Div, im ,,Sektpfropfen" und im Brückenkopf Kirischi, der 81. Inf. Div., 12. Lw. Feld Div., 225. und 132. Inf. Div. rund um den Pogostje-Kessel.

Das XXVI. Korps hielt nach wie vor den ,,Flaschenhals", im Osten bei Karbussel, Woronowo und Gaitolowo mit der 212., 69. Inf. Div. und 5. Geb. Div, südlich und der 1. Inf. Div. nördlich der Kirowbahn, im Norden mit der 290. Inf. Div. beiderseits der ,,Wenglernase", der 11. Inf. Div. auf der Ssinjawinohöhe und der 23. Inf. Div. an der Moika bis hinüber zur Newa. Den Südteil der Leningradstellung verteidigte das LIV. Korps mit der 21. Inf. Div. an der Newa, der SS Pol. Div., der 24., 58. und 254. Inf. Div, beiderseits Kraßny Bor. Hieran schloß sich von Puschkin bis Urizk das L. Korps mit der 250. (span.), 170. und 215. Inf. Div. mit dem Nordflügel an der Kronstädter Bucht. Das III. Lw. Feld Korps umschloß den Oranienbaumer Brückenkopf mit der 9. und 10. Lw. Feld Div.

Zwei Divisionen hatte die Armee als Reserve aussparen können, die 121. Inf. und die 28. Jäger Div.

Die beschriebene Gliederung stellt die Lage am 21. Juli 1943 dar, also unmittelbar vor Beginn der dritten Ladogaschlacht. Mit geringen Abweichungen hatte sie so seit April bestanden, hier und da waren einzelne Divisionen abgelöst, verlegt oder ausgetauscht worden, aber die Mehrzahl stand schon längere Zeit in ihren Stellungen.

Neben dem täglichen Stellungskampf der Späh- und Stoßtrupps, der Scharfschützen und der Feuerüberfälle gab es immer wieder kleine und größere Kämpfe, Angriffe russischer Kompanien, Bataillone und Brigaden. Besonders unruhige Punkte bildeten die Eckpfeiler von Einbruchsstellen, Brückenköpfe und ähnliche Stellungsteile, die manchmal tagelang umkämpft wurden. Solche Unruheherde lagen unter anderen bei Nowgorod, am ,,Finger" von Dymno, am deutschen Brückenkopf von Grusino, am russischen ,,Tigoda-Einbruch" im Stellungsraum der 96. Division, die auch im Mai die ,,Wasserschlacht" nördlich der Tigodammündung lieferte. Hier hatte beim Grenadierregiment 284 der Feind nachts mit zahlreichen Booten den Strom überquert und war in die Stellungen des III. Bataillons eingebrochen. Der Regimentskommandeur, Oberstleutnant Pfützner, setzte das II. Bataillon zum Gegenangriff an. Vier Stunden lang wateten die Grenadiere durch das tiefe Wasser des Überschwemmungsgebietes, bis es nach heftigen Kämpfen gelang, den Feind zu vernichten.

Am Brückenkopf von Kirischi, wo die 61. Inf. Div. die 217. abgelöst hatte, gab es auch niemals Ruhe. Die 162er ließen es sich nicht nehmen, ohne Ablösung die Stellungen im eigentlichen Brückenkopf zu verteidigen, obwohl die Versorgung über die ständig unter Beschuß liegende, behelfsmäßige Wolchowbrücke besonders schwierig und oft mit Verlusten verbunden war. Der Soldat wechselte ungern Stellungen, in die er eingelebt war.
Auch am ,,Flaschenhals" von Mga wurde es nie ganz ruhig; Karbussel, Gaitolowo, das Sumpfloch der ,,Wenglernase", die Ssinjawinohöhe, wo immer noch die 11. Division stand, und westlich davon bei Posjelok 6 und an der Moika waren solche Stellen. Weitere Unruheherde bildeten der Kampfraum um Kraßny Bor, die Stellung der Spanier um Puschkin und die Schützengräben der 170. und 215. Division in den Trichterfeldern und Trümmern von Staro Panowo und Urizk.

So ging es von der Schlammzeit mit ihren Beschwerden wie überschwemmten Kampfständen und Verkehrswegen in den Sommer mit der für Mitteleuropäer unvorstellbaren Mückenplage, immer im gleichen gewohnten Raum ohne neue Eindrücke für die Truppe, während an vielen anderen Teilen der Ostfront Bewegungskämpfe, leider meist mehr oder minder erzwungene Absetzbewegungen aber auch Angriffsoperationen die Eintönigkeit des Stellungskrieges unterbrachen.

Auch für die Sowjets lag das Hauptinteresse an den Kampffronten des Südens und der Mitte, auch bei ihnen mußten sich die ,,Wolchowfront" und die ,,Leningradfront" im wesentlichen mit den eigenen Kräften behelfen. Ihre Luftwaffe wurde allerdings wieder auf 1000 Flugzeuge aufgefrischt, die Heeresartillerie, die Salvengeschütze und Werfer wurden verstärkt, aber mit neuen Verbänden war nicht zu rechnen. Den Mannschaftsersatz brachten Rückstrom von Genesenen, Nachmusterungen und Auskämmen der Flakartillerie, der rückwärtigen Verbände und der Stäbe. Die Kompaniestärken wurden um 25 Mann heruntergesetzt, die Zahl der Maschinengewehre von 12 auf 9 vermindert. Das Personal zerschlagener Schützen-Brigaden wurde den Angriffsdivisionen zugeführt, während man die reinen Stellungsdivisionen mit Ersatz benachteiligte.

Der Kampf um die Befreiung Leningrads sollte auch im Sommer 1943 wieder aufgenommen werden. Hierzu sollte der Teilerfolg vom Winter so erweitert werden, daß man endlich in den Besitz einer leistungsfähigen Bahn nach Leningrad kam. Dazu mußte man sich zunächst in den Besitz der Ssinjawinohöhe setzen und, da Frontalangriffe immer wieder gescheitert waren, versuchen, sie durch Angriffe gegen ihre beiden Flanken, also aus den Wäldern an der Tschernaja und aus der Gegend des Gleisdreiecks bei Posjelok 6 aus den Angeln zu heben.

Daneben sollten Angriffe bei Gaitolowo in die Tiefe der deutschen Höhenstellung stoßen. Ziel blieb der Bahnknotenpunkt Mga. Alles in allem keine neuen Gedanken und Ziele, keine großzügige, überraschende Planung, sondern eine Fortsetzung der zweiten Ladogaschlacht, wie sie die deutsche Führung seit Juni erwartete, die sie aber auch nicht durch irgendwelche Gegenmaßnahmen verhindern konnte, da ihr die Mittel dazu fehlten. Nach Lage der Dinge war sie gezwungen, auf eigene Initiative in größerem Umfang zu verzichten. Sie konnte nur Abwehrmaßnahmen vorausplanen und dann von Fall zu Fall die entsprechenden Gegenzüge einleiten. Eine ausgesprochen undankbare Aufgabe für höhere Truppenführer.

Der sowjetische Angriff am 22. Juli 1943 war zeitlich abgestimmt auf die Planungen in der Mitte der Ostfront. Trommelfeuer und starke Luftangriffe zerwühlten die gequälte Erde, zersplitterten weiter den schütter gewordenen Wald und kündigten den Beginn der Schlacht an. Über die sowjetischen Stellungstruppen hinweg griff die 67. Armee mit 5 Divisionen, im Schwerpunkt das XXX. Garde-Schützen-Korps von Norden, die 8. Armee mit gleich starken Kräften von Osten an. Dem Garde-Korps gelangen zwei örtliche Einbrüche, der eine am Gleisdreieck bei Posjelok 6 westlich der Ssinjawinohöhe, der andere am Bahnhof ,,Rangun" bis zum Newaufer. Das konnten selbst die bewährten Ostpreußen der 11. Division und die Brandenburger der 23. Division nicht verhindern.

md11

In den folgenden Tagen wurde in immer erneutem Ansturm um die Entscheidung gerungen. Die 18. Armee setzte zunächst ihre Reserven ein, die 121. Division an der Ostfront, die 28. Jäger Division an der Nordfront westlich der Ssinjawinohöhe. Da der russische Einbruch beim Gleisdreieck von der Höhe flankiert wurde, entschloß sich die sowjetische Führung, ihren Angriff auch auf diese auszudehnen. Bis zum 1. August steigerte sich dort die Wut des Kampfes. Frisch herangeführten Kräften gelang es, auf ihrem Nordwestrand einzubrechen, aber der hartnäckige Widerstand der Ostpreußen verhinderte einen größeren Geländeverlust und die 11. Division wurde in besonders ehrenvoller Weise im Wehrmachtsbericht genannt. Recht unangenehm machte es sich bemerkbar, daß der Feind vom Höhenpunkt 43,3 gute Beobachtungsmöglichkeiten besaß. Als die 11. Division nach zwanzig Tagen von der 21. abgelöst wurde, hatte sie die Angriffe von 6 bis 7 feindlichen Divisionen mit ihren schwachen 6 Bataillonen abgewiesen, ihre Artillerie hatte 95 000 Schuß, das sind 2 315 Tonnen Munition, verschossen. Diese Zahlen geben einen Eindruck von der Härte der Kämpfe.

Mit ähnlicher Zähigkeit fochten die Schlesier der Jäger-Division in dem zersplitterten Waldgelände am Gleisdreieck, wo sie sich schon in der Winterschlacht ausgezeichnet hatten. Inzwischen rang die 290. Division in erbitterten Nahkämpfen um die ,,Wenglernase".

In den ersten Augusttagen verlegten die Sowjets ihren Schwerpunkt an die Ostfront zwischen Woronowo und der Kirowbahn. Dort griffen sie vom 2. bis 4. August mit 29 Bataillonen an, um durch einen Flankenstoß auf Mga die Ssinjawinoverteidigung aus den Angeln zu heben. Weder dieser noch ein anschließender Panzerangriff führten zum Erfolg, auch hier hielt die deutsche Abwehr der 5. Geb.Div. und der 1. Inf.Div.

Die 18. Armee hatte schon während der   ersten Phase der Schlacht die 121. Division westlich der Ssinjawinohöhe eingesetzt. Während des ersten Drittels des August löste die 126. Division, die aus dem Bereich der 16. Armee kam, die 28. Jäger Division ab. Die am 23. und 24. Juli aus der Leningradfront abgelöste 58. Inf. Div. (von Graffen) wurde schon in den ersten Augusttagen im Brennpunkt der Kämpfe zwischen P. 6 und der Newa zum Gegenangriff eingesetzt. Trotz guter Unterstützung durch massierte eigene Artillerie und einige Tigerpanzer wurde es ein schwerer, verlustreicher Kampf, der nur mühsam Boden gewann. Besonders die 154er unter Oberst Behrend hatten unter starkem, flankierenden Feuer von jenseits der Newa leiden. Der Feind konnte seine materielle Überlegenheit voll zur Wirkung bringen. In dem schmalen Angriffsstreifen des IL/Gr. R. 220 von 300 zu 300 m schlugen in den ersten fünf Stunden des Angriffs allein 80 Salven russischer Salvengeschütze zu je 18 Schuß ein zusätzlich zu dem übrigen Feuer der Artillerie, Granatwerfer und Panzer. So wurde der 4. August einer der schwersten Kampftage der bewährten 58. Inf. Div. Geländebezeichnungen wie ,,Uferstraße", ,,Karawanenweg", ,,Burmastraße", ,,Bahnhof Rangun", ,,Gleisdreieck", ,,Elektroschneise" und so manche andere haben sich allen Kämpfern unvergeßlich eingeprägt und wurden zu Begriffen. In Abwehr, Gegenstoß und Gegenangriff wogte der Kampf um wassergefüllte Trichter und zersplitterte Baumstümpfe bei Posjelok 6, am Gleisdreieck, am Blockweg, an der Burmastraße sowie an der Moika.

Der Munitionseinsatz der Russen war gewaltig. Ihre Luftwaffe griff Tag und Nacht in den Erdkampf ein, ohne daß die zahlenmäßig sehr schwachen fliegenden Verbände der deutschen Luftwaffe sie ernstlich hindern konnten. Während dieses Vernichtungsfeuers setzten die Infanterieangriffe für einige Tage aus. Dann begannen auch sie wieder in voller Stärke vom 12. bis 23. August. Sieben neue Divisionen warfen die Sowjets in den Kampf.

Außer der 21. und 254. Inf. Div. zog die Armee nun auch die 61. Inf. Div. heran, die ab 18. August zum letzten Male bei Kirischi durch die 132. Inf. Div. abgelöst und auf Lastkraftwagen dem XXVI. A. K. zugeführt wurde. Sie übernahm den Abschnitt der 126. Inf. Div. in Gegend P. 6 und Gleisdreieck und stand sofort in heftigen Abwehrkämpfen. Mitte Oktober, als die Schlacht allmählich abflaute, mußte das Gr. R. 176 (Oberst Weber) links den Abschnitt der herausgelösten 215. Inf. Div. übernehmen. Nach dem 24. August flaute die Schlacht allmählich ab. Außer geringfügigem örtlichen Geländegewinn nordwestlich Woronowo war auch diesmal der Einsatz aller Kräfte an Menschen und Material für die Sowjets vergebens gewesen. Die 18. Armee hatte in der dritten Ladogaschlacht wiederum einen vollen Abwehrerfolg erzielt. Natürlich hatte sich auch diesmal ein Vermischen der Verbände auf dem Gefechtsfelde nicht vermeiden lassen, aber im wesentlichen hatten doch die Divisionskommandeure den Kampf mit ihren eigenen Verbänden geschlagen. Die Armee bemühte sich, die Divisionen so rechtzeitig abzulösen, daß sie in ihren Stellungen nicht verbluteten, wenn auch die Verluste naturgemäß recht hoch waren. Kennzeichnend für die Härte des Kampfes war auch die geringe Gefangenenzahl bei sehr hohen blutigen Verlusten des Feindes.
Quelle:Kampf um Leningrad (H.Pohlman)

md11

Zwischen Zarskoje Selo und Ssinjawino 1943

Mitte Februar 1943 erfolgte in der Panzerkaserne in Schweinfurt die personelle Aufstellung der StuGeschAbt. 912. Der AbtKdr. Hptm. Kruck hatte bis zum 1. 3. sowohl die Chefs der Batterien, als auch die gesamte Mannschaft aufgestellt und verlegte mit der Personaleinheit seiner neuen Abteilung in den Raum Zinna bei Jüterbog. Hier erfolgte ihre Ausrüstung mit Waffen und Gerät.

Als am 1. 4. 1943 im Nordabschnitt der Ostfront die 2. russische Stoßarmee am Wolchow durchbrach und zum entscheidenden Entsatzvorstoß auf Leningrad antrat, der schon einigemale vergeblich versucht worden war, wurde die StuGeschBrig. 912 nach dem Osten verladen. Im Bahnhof Gatschina nahe Krasnowardeisk war dieser Verlegungstransport am 6. 4. am Ziel. Es wurde ausgeladen.

Die Brigade war direkt der 18. Armee, GenOberst Lindemann, unterstellt worden, um als Armeefeuerwehr eingesetzt zu werden. Sie wurde dem L. AK zugeführt.
Am 9. 4. versammelten sich die Chefs der Batterien. Oblt. Preussner (StabsBattr.), Hptm. Vogler, (1. Battr.), Oblt. Schulz-Streeck (2. Battr.) und Oblt. Schönmann (3. Battr.).

Die Erkundungsaufträge wurden besprochen und in den nächsten Tagen die Abwehrabschnitte bei der 250. spanischen ID bei Leningrad, bei der 215. ID und bei der 9. LwFeIdDiv., sowie im Abschnitt einer SS-Brigade erkundet.
Die 1. Battr. wurde zunächst westlich Leningrad, am Oranienbaumer Kessel bei der 12. LwFeIdDiv., eingesetzt. Diese Division war soeben mit Sturmgeschützen ausgestattet worden und ihre Besatzungen wurden von der 1./912 noch geschult, bevor sie zum Einsatz gelangten.

Die 2. Battr. wurde an der Nahtstelle zwischen der 18. und 16. Armee eingeschleust und lag damit direkt an der Rollbahn Leningrad-Moskau, wo sie einige Angriffe gegen Infanterieziele fuhr.

Die 3. Battr. wurde nach Nordosten an den Wolchow geworfen, während die Stabsbattr. mit dem BrigStab während der Zeit dieses Einsatzes in Tossno lag.
Es kam in allen drei Abschnitten zu kleineren Einsätzen, doch im allgemeinen herrschte Ruhe. Die Rote Armee bereitete sich auf die 3. Ladogaschlacht vor.
Als die Sowjets am 22. 7. 1943 zu dieser Schlacht antraten, und nach einem mehrstündigen Trommelfeuer mit ihrer 67. Armee von Norden und mit der 8. Armee von Osten vorstießen, gelangen ihnen zwei örtliche Einbrüche. Einer am »Gleisdreieck« bei Posselok 6, westlich der Höhen von Ssinjawino, und der zweite vom Bahnhof »Rangun« bis zum Newaufer.

Alle Verbände wurden alarmiert, Die StuGeschBrig. 912 trat geschlossen 9 km südlich Schlüsselburg an. In den Abwehrkämpfen bei Mga und Znigri an den Höhen von Ssinjawino und am Gleisdreieck kam es zu erbitterten Gefechten. Oblt. Engelmann schoß die ersten drei T 34 ab. Westlich Ssinjawino kämpfte die 1. Battr. Die 2. Battr., nun geführt von Oblt. Hartl Kusmanek, kämpfte direkt auf den Höhen von Ssinjawino.

Die schwersten Kämpfe hatte die 3. Battr. zu bestehen, die mitten im Sumpfgelände lag. Lassen wir hier die Aufzeichnungen aus dem KTB der 3./912 von Oblt. Schönmann einfließen, diedieses Ringen darstellen: »Freitagmorgen um 04.00 h rollen wir in Bahntransport aus Nowgorod ab und treffen am Nachmittag in Kirssino bei Mga ein. Der Kommandeur ist bereits am Bahnhof und weist uns einen Unterkunftsraum an. Abends und im Verlaufe der Nacht erkunden wir Unterziehmöglichkeiten in Znigri, wo wir bei der 23. ID als Korpsreserve liegen sollen. Im linken Abschnitt ist die 121. ID eingeschoben worden, nachdem der Russe an den Vortagen an zwei Stellen durchgebrochen ist.

Im Laufe des 24. 7. nachmittags ziehe ich mit dem II. Zug zusammen zum GR 9 vor, als DivReserve. Die 1. Battr. wird links der Rollbahn eingesetzt. Am Abend ziehen auch die restlichen Geschütze nach. Sonntagnacht, 25. 7. 1943 um 02.00 h ergeht der Einsatzbefehl für den Angriff um 05.00 h beim GR 405. Die Geländeerkundung ergibt, daß wir nicht von der Rollbahn herunterkommen. Der Angriff wird auf den Nachmittag verschoben. Wir erfahren, daß Moldenhauer von der 1. Battr. gefallen ist. Vormittags wahnsinniges Artillerie und Stalinorgelfeuer. Der Russe zertrommelt unsere gesamten vorderen Stellungen und greift an. Von Thadden fährt mit 2 Geschützen vor. Oberstaller schießt einen T 34 ab. Infanterieziele werden bekämpft. Anschließend fahre ich mit Mühlstegen und Schmidt vor. Beide Geschütze werden stark eingedeckt und bekämpfen Infanterieziele. Schmidt fährt sich in einem Bombentrichter fest. Beim Stalinorgelüberfall fallen Wolf und Breder. Wirtz wird schwer verwundet.

Ablösung durch die 1. Battr. In der Nacht versucht von Thadden das festgefahrene Geschütz abzuschleppen, es gelingt nicht. Oberstaller muß mit dem Geschütz wegen Gelenkwellenschadens zurück.

Am 26. 7. wieder ein schwerer russischer Angriff mit Trommelfeuervorbereitung. Ich fahre vor und schieße einen mittleren Panzer ab. Weitere Geschütze und auch Tiger beteiligen sich an der Abwehr und werfen die bereits eingedrungenen Russen zurück.«

In den nächsten Tagen flaute die Kampftätigkeit ab. Dennoch schossen die einzelnen Züge einige Feindpanzer ab, und am 29. 7. schoß der Zug Rieske 4 T 34 ab. Am Samstag, dem 31. 7., wurde der eigene Angriff auf das Gleisdreieck gestartet. Die 3. Battr. begleitete ihn mit je 2 Geschützen entlang der Rollbahn und am Tetkinsweg. Ein Geschütz des I. Zuges fuhr sich im Sumpf fest. Der Angriff zog durch. Doch das Bunkerdorf blieb in sowjetischer Hand.

Als die Sowjets in der Nacht zum 2. 8. durch die Lücke der Front Kräfte ins Bunkerdorf nachschoben, wurden die Geschütze der 3. Battr. abwechselnd eingesetzt. Als sich der dichte Nebel hob, erfolgte am Nachmittag des 2. 8. ein neuer eigener Angriff auf diesen hartnäckig verteidigten sowjetischen Stützpunkt. Der Angriff wurde von den Sowjets abgewiesen. Eine Reihe kleinerer Einsätze folgte noch. Bis zum 10. 9. stand die StuGeschBrig. 912 bei Ssinjawino im Einsatz. Dann wurde sie herausgezogen und verlegte zum Südrand des Oranienbaumer Kessels. Stab und Stabs-Battr. marschierten nach Wolossowo.

Mitte Oktober wurde die Brigade umgruppiert. Die 3. Battr. gab ihre Geschütze ab und fuhr als Personaleinheit nach Deutschland, um dort eine neue Sturmgeschütz-Abteilung oder Brigade aufzustellen und deren Stamm zu bilden. In Neiße eingetroffen, erfuhren die Soldaten der 3./912, daß sie die StuGeschBrig. 325 bilden würden, die in Tours, Frankreich aufgestellt werden sollte.

Gegen Scharfschützen und Erdziele eingesetzt, erlitt die neu zusammengestellte 3. Battr. schwere Verluste; ihr Chef fiel. Oblt. Preusser übernahm vertretungsweise die Battr., bis Ende November Hptm. Schüßer als neuer Chef eintraf.

In der Halbmondstellung von Gassilowo wehrte die Brig. im Oktober starke Panzerangriffe des Gegner ab. Lt. Egghart, Zugführer in der 2. Battr., schoß hier an einem Tag 7 Panzer ab. Auch Oblt. Engelmann war abermals erfolgreich.

Als die Sowjets am 19. 10. versuchten, die Halbmondstellung mit 5 Schützen-Divisionen und 1 PzBrig. einzudrücken, wurden sie zurückgewiesen.
Quelle:Sturmartillerie 1939-1945 (F.Kurowski/G.Tornau)

md11

Zwischen Wolchow und Schlüsselburg 1943

Inzwischen hatte sich aber die Lage in der Mitte des Flaschenhalses bei der Arbeitersiedlung Nr. 5, bei Poselok 5, dramatisch zugespitzt. Denn auch an der Ostfront des deutschen Korridors zum Ladoga-See war eine gefährliche Entwicklung eingetreten. Seit dem frühen Morgen des 12. Januar berannten die sieben Divisionen der 2. sowjetischen Stoßarmee die deutschen Stellungen zwischen Lipka am Ladoga-See und Gaitolowo nördlich der Kirow-Bahn.

Der nördliche Eckpfeiler Lipka wurde vom II. Bataillon des Grenadierregiments 287 trotz wütender Angriffe der 128. sowjetischen Schützendivision gehalten. Weiter südlich jedoch, bei der Arbeitersiedlung 4, gelang der 372. sowjetischen Schützendivision ein Einbruch. Das I. Bataillon des ostpommerschen Grenadierregiments 374 wurde überrannt. Das Il. Bataillon hingegen hielt seine Stellungen in Poselok 8 und wich keinen Schritt.

Als gegen 16 Uhr die Abenddämmerung des 12. Januar hereinbrach, hatten Major Zieglers Männer bei der Arbeitersiedlung 8 fünf schwere russische Angriffe abgewiesen. Die 372. sowjetische Schützendivision wollte hier den Durchbruch unter allen Umständen erzwingen. Es waren sibirische Regimenter und harte asiatische Einheiten, die rücksichtslos angriffen. Die Pommern Zieglers jedoch standen wie die Bäume des Wolchow-Waldes.

Seit der Jahreswende war das verstärkte Grenadierregiment 374, die Eingreifgruppe der 207. Sicherungsdivision, für die Verteidigung der Ostseite des Flaschenhalses der 227. I. D. unterstellt. Das II. Bataillon hatte sich um Poselok 8 ausgezeichnet verschanzt. Die Russen stürmten. Trommelten mit Artillerie. Und stürmten wieder.

Am 13. Januar waren Zieglers Stellungen eingeebnet; aber die Männer hielten, unterstützt vom Artillerieregiment 196, dessen vorgeschobene Beobachter mit in vorderster Linie lagen. Die Sturmregimenter der 372. sowjetischen Schützendivision verbluteten im zerschossenen, jahrhundertealten Urwald und auf dem gefrorenen Sumpf.

Nicht so günstig für die Verteidiger entwickelte sich die Lage südlich von Poselok 8. Dort hatten die Sowjets einen zweiten Schwerpunkt gebildet. Oberst Poljakow hatte seine 327. Schützendivision lange vor der Offensive im Hinterland auf den Angriff trainiert. Haargenau hatte er die vorher erkundeten deutschen Stellungen des III. Bataillons Grenadierregiment 374 sowie die Verteidigungsanlagen von Oberst Wenglers Grenadierregiment 366 nachbauen lassen. Mit allen Details: mit dem Palisadenzaun, den Laufgräben, den MG-Ständen und den Bunkern.

Auf der Naht zwischen diesen beiden deutschen Verbänden setzte Oberst Poljakow den Hebel an. Hier am Kugelwäldchen sollte die 327. sowjetische Schützendivision Revanche nehmen für die schwere Schlappe, die sich die 54. Armee in der ersten Ladoga-Schlacht während des Spätsommers 1942 an dieser Stelle geholt hatte.

Damals hatte Wengler mit seinen Rheinländern und Westfalen eine operative Ausweitung des sowjetischen Einbruchs verhindert. Diesmal wollte Poljakow den deutschen Riegel unter allen Umständen rechtzeitig sprengen. Seine Sturmregimenter stießen durch die vordersten deutschen Stellungen. Brachen südlich P 8 durch. Und versuchten, die HKL nach Norden und Süden aufzurollen. Wenn ihnen das gelang, dann würde die Front der 227. I. D. zusammenstürzen, dann wäre der Weg für Poljakows Soldaten auf die beherrschenden Sinjawino-Höhen frei!

Doch der sowjetische Plan glückte nicht. Wiederum hielten Wenglers Soldaten den südlichen Eckpfeiler am Einbruchsraum. Die Jäger der 28. Jägerdivision kämpften sich mit dem I. Bataillon Jägerregiment 83, den Hirschberger Jägern, bis an Wenglers Gefechtsstand durch und verstärkten seinen Abwehrriegel. In der Mitte aber stand, wie ein Fels in der Brandung, die Arbeitersiedlung 8 mit Major Zieglers Bataillon. Fünfhundert Mann verdarben hier der sowjetischen Führung das Konzept: Die Pommern waren zwar vollständig eingeschlossen, aber sie verteidigten ihre Igelstellung gegen alle Angriffe. Am 12., am 13., am 14. Januar. Sie bekamen keine Verpflegung, keine Munition. Sie hatten weder Verbindung zur Division noch zu ihrem Regiment.

Einsam und auf sich allein gestellt, erfüllte Zieglers Bataillon eine wichtige Aufgabe: Statt weiter nach Westen stoßen zu können, mußten sich die Russen mit Poselok 8 herumschlagen. Starke Teile der 327. russischen Schützendivision und auch noch der 18. Schützendivision, die das sowjetische Oberkommando nachführte, wurden so an diesem heißumkämpften Platz festgenagelt.

Am 15. Januar, nach viertägiger Schlacht, wird den deutschen Verteidigern die Munition knapp. Am Morgen greifen die Russen noch einmal nach heftigem Trommelfeuer an. Mit »Urrä« stürmen sie, bleiben aber im MG-Feuer der Pommern liegen. Eingebrochene russische Panzer der 122. Panzerbrigade werden mit Minen und geballten Ladungen niedergekämpft. Doch nun ist die Munition auf ein Minimum zusammengeschmolzen. Ein neuer Angriff könnte schwerlich abgewehrt werden. Ziegler steht vor der Frage, sich überrollen zu lassen und damit vernichtet zu werden oder auszubrechen und wenigstens die Soldaten zu retten.

Der Major versammelt seine Offiziere und fragt sie: Was soll geschehen? Stehen? Sich ergeben? Oder mit letzter Kraft ausbrechen?

Sich ergeben - wird nicht diskutiert. Sich totschlagen lassen - ist keine Alternative. Also Ausbruch! Aber, ein Ausbruch ins Ungewisse! Niemand weiß, wo die deutschen Linien sind. Alle Versuche, die abgerissene Funkverbindung wiederherzustellen, bleiben erfolglos.

In dem >Kriegsrat<, den Major Ziegler mit seinen Offizieren hält, wird dieser Gedanke gerade von den Unerschrockensten klar ausgesprochen: An einer gewissen Stelle endet der Sinn der Tapferkeit. Sich zwecklos totschlagen zu lassen, ist keine Moral. Gegen hundertfache Überlegenheit, gegen Bombenhagel und Feuerwalzen nützen weder Wille noch Mut, weder Gehorsam noch Hingabe. Tapferkeit und Mut können auf dem Schlachtfeld gegen einen mehrfach überlegenen Feind sehr wohl triumphieren, die Kriegsgeschichte kennt viele Beispiele dafür. Aber gerade in den Materialschlachten des modernen Krieges wird von einem bestimmten Punkt an das Gesetz der Schlacht von der Masse diktiert - der Masse an Menschen und an Waffen. Der letzte Krieg hat diese Wahrheit hundertfach unter Beweis gestellt.

Ziegler handelt deshalb völlig richtig und im echten Sinne mutig, als er den Entschluß faßt: Wir brechen aus!

Viele hochdekorierte Truppenführer, die an der Ostfront gekämpft haben, versichern: Der eigene Entschluß, bei aussichtsloser Lage ohne höheren Befehl,vielleicht sogar entgegen einer Halte-Order, aus einem Kessel auszubrechen, erfordert mehr soldatischen Mut und Zivilcourage als jede andere militärische Leistung.

Um 23 Uhr beginnt der heimliche Ausbruch aus Poselok 8. An der Spitze der Major. Neben ihm Oskar Schwemm, ein Litzmannstädter, der fließend russisch spricht. Er hat die Uniform eines gefallenen sowjetischen Oberleutnants angezogen, darunter seine Wehrmachtuniform. Dann folgt ein starker Stoßtrupp, dahinter eine Kampfgruppe, Seitengewehre aufgepflanzt, Gewehre entsichert. Anschließend die Verwundeten auf Akjas, kleinen lappländischen Bootsschlitten, die von je zwei Mann gezogen werden. Die Flankendeckung übernehmen Mpi-Schützen. Die Nachhut bildet das Gros des Bataillons. Es darf nur auf ausdrücklichen Befehl des Majors geschossen werden. Rauchverbot. Sprechverbot!

Während die letzten Nachhuten in der aufgegebenen Stellung ein wildes Feuerwerk entfachen, zieht der Geisterzug im milden Mondlicht und bei 25 Grad Kälte durch den knietiefen Schnee. Das Sternbild des Orion am klaren Winterhimmel ist der Wegweiser, denn das Marschziel ist Süden.

»Stoj«, sagt Schwemm plötzlich betont laut. Die Soldaten an der Spitze halten sofort. Vor ihnen stehen die Silhouetten mehrerer T 34. Das ist der russische Panzerring um Poselok 8!

Schwemm stapft hinüber. Spricht mit dem russischen Zugführer. Man sieht, wie sich die beiden eine Zigarette anstecken und gestikulieren. Dem Bataillonsadjutant Leutnant Becker ist, als höre er den Herzschlag aller Männer wie Donnerschläge über das gefrorene Moor hallen. Endlich kommt Schwemm zurück. Er ruft ein paar russische Befehle, die kein Mensch versteht, und schimpft laut herum. Leise aber sagt er zu Ziegler: »Ich habe die Parole. Sie heißt >Pobjeda<. Das bedeutet Sieg. Vielleicht ist das ein gutes Omen!«

Genauso wichtig wie die Kenntnis der Parole ist das, was Schwemm weiterhin erfahren hat: Er weiß, wo sich eine größere Lücke in dem sowjetischen Panzerriegel befindet. Und durch diese Lücke marschieren sie. Durch eine zweite feindliche Sicherungslinie kommen sie dank der Parole ebenfalls ohne Schuß. »Pobjeda!« ruft Schwemm einer Feldwache zu, und dann biegen sie links ab.

Von den deutschen Stellungen ist jedoch nichts zu sehen und zu hören. Kein Kampflärm, kein Feuerschein, keine Leuchtkugeln.

Und da passiert es. Urplötzlich stehen sie vor einer russischen Granatwerferstellung. Schwemm ruft das Parole-Wort. Aber der russische Offizier ist mißtrauisch. Er kommt heran. Der Litzmannstädter geht ihm schnell ein paar Schritte entgegen. Erzählt ihm, seine Einheit sei auf dem Wege nach vorn zu einem Sonderunternehmen gegen die deutschen Linien.

Leutnant Becker steht kaum zwei Schritte von den beiden entfernt. Die Hand in der Manteltasche, an der entsicherten Pistole.

Der Russe scheint Schwemms Geschichte nicht so recht zu glauben. Der Litzmannstädter zerstreut jeden Argwohn. Und sie können weiterziehen. Aber mit einem unguten Gefühl: Diese Granatwerfer im Rücken! Wenn die Russen nun doch etwas merken?

Leise läßt Ziegler den Befehl an die Nachhut durchgeben: »Die GranatwerferstelJung überrumpeln!« Und so bringt das Bataillon noch einen echten russischen Oberleutnant und 4 Gefangene mit zurück. Führt sie sogar gut durch die vordersten russischen Infanteriestützpunkte, die allerdings gewaltsam durchstoßen werden müssen.

Nach einer Dreiviertelstunde, im Morgengrauen, steht der Geisterzug den vordersten deutschen Gefechtsvorposten gegenüber. Auf dem Regimentsgefechtsstand des Grenadierregiments 374 ist man froh, als sich Ziegler meldet. Froh, daß die schon abgeschriebene Kampfgruppe gerettet ist; denn die noch kampffähigen Männer braucht Oberst von Below dringend an der Arbeitersiedlung 5, die inzwischen zum Brennpunkt der Schlacht im Flaschenhals geworden ist.

Wie an der Ostseite des Flaschenhalses, so war es den Russen auch an der Newa nicht gelungen, die deutschen Verteidigungsstellungen auf breiter Front zu durchbrechen. Nur die beiden schmalen Stoßkeile, die von Marino im Westen und an P 8 vorbei im Osten vordrangen, kämpften sich langsam durch den oberen Teil des deutschen Korridors. Auf den Hügeln der Arbeitersiedlung 5 wollten sich die sowjetischen Stoßverbände die Hand reichen. Würde ihnen das gelingen, dann wäre eine schmale Landverbindung nach Leningrad hergestellt und die deutschen Kräfte der 96. und der 227. Infanteriedivision, die noch in Schlüsselburg, Lipka und am Ladoga-See hielten, wären abgeschnitten.

Generaloberst Lindemann wollte eine solche Entwicklung unter allen Umständen verhindern. Aber mit den Kräften der beiden Stellungsdivisionen des 26. Armeekorps im Flaschenhals konnten die tiefen Einbrüche der Russen nicht bereinigt werden. Viel zu breit waren die Frontabschnitte der 170. und der 227. I. D., teilweise bis zu fünfundzwanzig Kilometer.

Bei dieser Lage gab es nach den blutigen Kämpfen der ersten Tage keine Reserven mehr für Angriffe, um die durchgebrochenen Russenkeile zu stoppen und an der Vereinigung zu hindern.

Am 14. Januar bereits hatte die 18. Armee zwei Regimentsgruppen der ostpreußischen 61. Infanteriedivision vom Pogostje-Kessel herangeholt - einem Kampfplatz an der Kirow-Bahn, dreißig Kilometer südostwärts Mga - und am 15. Januar in den Falschenhals geworfen. Zwei Regimentsgruppen statt der ganzen Division! Ein Regiment blieb an der Kirow-Bahn. Wieder mußte gekleckert werden, statt zu klotzen!
Quelle:Verbrannte Erde (P.Carell)

Bild:E-Werk von Gorodok

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Bericht von der 4.SS-Polizei Divsion vom 18.Januar 1943
(Quelle:Husemann)